Es ist geschafft, mein Jahr Fotoschule ist Geschichte. Zum Abschluss gibt es eine Diplomfeier (wo hänge ich das Ding am Besten auf? *hmm*) und eine kleine Ausstellung.
Nach der Halbzeit ging es fleissig weiter: Die Woche Still Life Material / Form / Struktur bot zumindest zwei Tage im Studio, in Kleinstgruppen brachten wir Glänzendes und Knitterndes ins passende Licht. Im März folgte die abgetauschte Woche Menschenbildnis experimentell, welche (erwartet) vollständig im Heimunterricht stattfand. Es war meine grosse Woche, wusste ich doch, dass solche Bilder dasjenige sind, was ich in der kommenden Zeit realisieren möchte. Entsprechend zog ich sechs Strecken durch und machte erst noch eine Nachtübung bei einem Kunden - es wurde die intensivste Woche des ganzen Jahres. Im April die ersten Confcalls zum Thema Portfolio, soll ein solches doch unser Mitbringsel aus dem Jahr werden. Mitte April eine Woche in Schwyz, die Lockerungen des Bundes erlauben uns, legal Schule zu machen. Im Mai die letzte Woche zum Thema Still Life Experimentelle Lichtführung, im Juni noch ein Extratag Menschenbildnis im Studio, da die meisten von uns in der Märzwoche zuhause limitiert waren.
Ab Mitte April widmete ich mich meinem „Portfolio“. Ueblich sind Fotobücher, teilweise auch schöne Schachteln mit grossformatigen Einzelbildern. Irgendwie war beides nicht dasjenige, was ich mir vorstellen konnte, wollte ich doch keinen Türstopper machen lassen, den ich vielleicht noch zwei, drei mal im Leben angucken werde. Mir war es auch wichtig, den Menschen etwas mitgeben zu können, die mich unterstützt haben - niemand war an einem Buch interessiert, grosse Bilder an der Wand genauso wenig. So wurde eine verrückte Idee Realität: Ich füllte einen Postkartenständer
Diese Aufgabe an mich selbst nahm mich ordentlich in Beschlag. Postkarten drucken zu lassen ist einfach - sofern man mindestens hundert Exemplare des selbsen Motives möchte. Mein Drucker kennt Postkartenpapier mit Vordruck, das sich aber als erstaunlich labberig herausgestellt hat. Ein richtiger Drucker vielleicht, zu dem es ordentliches Postkartenpapier gibt? Eine lange Recherche am Ostersonntag zeigt mir, dass es mit der aktuellen Störung in den Lieferketten entweder Drucker, oder aber die passenden Patronen zu erwerben gibt - beides gibt es nicht, so fiel auch diese Option unter den Tisch. Mein „Plan C“ waren dann 10×15 Prints aus dem Grosslabor, schweres Papier mit der Rückseite aus dem Laserdrucker, Sprühleim und Schneidmaschine. Zwei Wochenenden und ich hatte 55 Motive in je drei Exemplaren. Trotz ordentlicher Scheibe von all den Dämpfen schaffte ich es, den passenden Text zum Bild zu treffen und nur eine Rückseite verkehrt aufzukleben
Es war ein verrücktes und herausforderndes Jahr. In Gesprächen mit ehemaligen Schülern lernten wir, dass wir das individuellste Jahr der Schule waren - statt 20 Bilder vom selben Ding entstanden unterschiedliche und sehr persönliche Arbeiten, begrenzt und motiviert durch die viele Arbeit alleine und ausserhalb des Studios. Mir lag diese Art der Arbeit und ich habe mein Ziel erfüllt, ganz viel zu machen und zu probieren. Oft ging ich aus meiner Komfortzone, produzierte Müll und lernte dabei - am Schluss war ich ganz froh, nur 10×15 Prints zu produzieren und so einige meiner Schnitzer gut zu verstecken.
Die letzten Tage zeigten, wie ich mir die Schule vor anderthalb Jahren vorgestellt habe: Viele Gespräche, viel Zusammenarbeit, Austausch unter den Schülern - gerade der Extratag war ein tolles Erlebnis, bei dem wir zu viert eine Fotostrecke mit einem professionellen Modell reallisierten. Es gab bei keinem Bild das „ich habe es gemacht“ Gefühl.
Das kommende halbe Jahr heisst es durchbeissen, meine letzten Ferientage 2021 waren im April. Viele Gedankenfäden sind noch da, der unglaublich reichaltige Input muss sich einmal setzen und bisweilen aufgearbeitet werden. Da ist noch viel, was ich tun möchte und ich freue mich darauf!
Mein Jahr CAP Professional Fotoschule neigt sich dem Ende zu, im Rahmen der CAP Works Portfolio Days werde ich zusammen mit meinen Mitschülerinnen und -schülern die Arbeiten dieses intensiven Jahres ausstellen. Gerne lade ich Euch dazu ein:
Stadelhoferstrasse 28.2, 8001 Zürich
Noch ist nicht ganz klar, welche Restriktionen neben Masken und Latexhandschuhen auf uns warten und ich möchte Euch eine zweite Chance geben, meine Bilder zu sehen. Dazu habe ich die Möglichkeit bekommen, sie im noch brandneuen Untergeschoss des Zappa Doing Comicshops auszustellen:
Ihr werdet mich jeweils am Abend und am Samstag vor Ort finden, kurze Kontaktaufnahme vorab hilft für ein persönliches Treffen.
Ich freue mich auf Euch!
Die letzte Schulwoche steht an, dank den Umstellungen im bundesrätlichen Regelwerk zur Erwachsenenbildung dürfen wir ins Studio. Mein Stativkopf zeigt ein Chrosen, seine letzten Einsätze hinterliessen wohl allerlei Staub unter der Kugel. In der Bedienungsanleitung steht explizit, in solchen Fällen WD-40 einzusetzen - ich mag die Firma, sie verwenden nicht nur IKEA Schlüssel für die Montage, sondern verzichten auch auf ein eigenes, absurd teures Wässerchen für die Pflege
Und so kommt es, dass ich in den Baumarkt reise und meine erste, eigene Dose WD-40 erwerbe. Jetzt bin ich so richtig erwachsen
Es ist wieder einmal letzter Sonntag im April, Pinhole Day! Mein Aufruf unter Mitschülern, etwas „neben“ der Schule zu machen, blieb weitgehendst ungehört (ich habe einen einzigen Mitstreiter) und so ziehe ich ganz traditionell mein eigenes Ding durch.
Inspirieren lasse ich mich von der Helvetia in Basel, mangels Fluss muss die Autobahn hinhalten. Der Blick nach Bern, der uns schon seit mehr als einem Jahr begleitet, bietet die Story für das Bild. Ich nutze (missbrauche?) die endlose Schärfentiefe und die notwendig langen Belichtungszeiten fürs Bild - etwas, was ich mit den Linsen aus Glas immer weniger habe
Die Juri (zugegebenermassen auch ich) braucht dieses Jahr etwas länger, aber ich habe erneut einen Platz in der Galerie bekommen *froi*
Ein unglaublich intensiver März liegt hinter mir. Unsere Schulwoche Menschenbildnis «experimentelle, Umsetzungen» wurde verschoben - trotzdem musste sie im Home Studio stattfinden, da kein Präsenzunterricht in der Erwachsenenbildung erlaubt ist. Ich hatte schon im letzten Dezember damit gerechnet, viel mit meinen potentiellen Modellen Ideen gesammelt, experimentiert und ein Feuerwerk an Schabernack treiben können, den ich mir im Studio, mitten im Schulbetrieb, nie erlaubt hätte.
Jetzt ist es mal wieder Zeit, ein allgemeines Update meines Notebooks und meiner Kamera zu machen. In Kürze kommt die Intensivwoche - statt im Bündnerland in Schwyz, unter Einhaltung von Schutzkonzepten und kreativen Ideen.
Es ist Lockdown 2.0. Seit Anfangs Dezember herrscht Abends zwinglianische Ruhe in Zürich, seit Weihnachten ist eh alles zu. Wie schon im letzten Frühjahr mache ich mich auf, einen typischen Freitagabend in Zürich einzufangen.
Die Stimmung ist gruselig. Nach diversen Ausschreitungen um den Bahnhof Stadelhofen ist alles verrammelt, im Niederdorf finden sich ausschliesslich Grüppchen von Anfangszwanzigern, welche mit viel Alkohol und Testosteron eine unglaublich aggressive Stimmung verbreiten. Ich werde mehrfach angesprochen, angemacht und verbal angegriffen, wenigstens bleiben körperliche Angriffe aus - es war eine gute Idee, in Jeans und T-Shirt auf die Strasse zu gehen. Die Kamera versorge ich so gut es geht unter der Jacke und fange Impressionen nur da ein, wo mich niemand beobachtet.
Das letzte mal hatte ich dieses Gefühl in Manhattan, etwa ab der 140st Strasse nordwärts, als mich zwei Dutzend dunkle Augepaare plötzlich musterten. Es in „meiner“ Stadt zu haben stimmt mich nachdenklich, traurig und wütend.
Vor einem Jahr ging ich nach meinem bisher letzten Tanzabend zur selben Zeit denselben Weg. Es herrschte Leben, die Menschen waren auf den Strassen, genossen den Abend. Ein wildes Mischmasch, von Glatzköpfen bis zu Regenbogenmenschen, welche zwar feierten, aber sich auch gegenseitig in Ruhe liessen, sich im Schach hielten. Ich erinnere mich gut an ein Päärchen, vielleicht gegen die 80, schick angezogen, sichtlich auf dem Heimweg von einem Konzert. Sie waren vielleicht etwas wackelig auf den Beinen, aber gut gelaunt und ohne Angst. Jetzt schützen wir sie zwar vor dem Virus, machen aber gleichzeitig ihr Leben kaputt.
Die Stapo schützt vor allem den Bahnhof, vielleicht 20 Polizisten tummeln in der Haupthalle, kümmert sich um Jugendliche ohne Masken. Ich gehe weiter zur Langstrasse, zurück in „mein“ Quartiert. Es ist rauh hier, aber das war es schon immer. Der 24-Stunden-Shop und ein paar Take Aways sorgen für grosse Menschentrauben, etwa 20, 30 Mädchen schaffen an und sehen in mir einen potentiellen Kunden. Aber irgendwie funktioniert hier (noch) die soziale Kontrolle, jeder weiss, was er darf und was er besser sein lässt - auch wenn das bei ganz vielen hier etwas anderes ist, als unsere Landesmütter und -väter sich ausgedacht haben.