Diese Hosen haben schon bessere Tage gesehen… Zurück von einem Ausflug ins Krematorium Sihlfeld sehe ich, was mein fotografischer Einsatz angerichtet hat - einen Riesenschranz, besser als all die Designerhosen der Teenies und Twens im Tram unterwegs
Bevor ich sie wegwerfe, möchte ich wenigstens ein Bild davon machen. Und weil ich gerade intensiv mit Licht in meinem Heimstudio experimentiere, grabe ich einen der Baustrahler aus dem Keller, welcher 1989 im Coop Baucenter als Aktion zu haben war. Er tut, woran ich mich erinnere: hartes, scheussliches und sehr unvorteilhaftes Licht mit nahezu unbeherrschbaren Kontrasten - ich liebe es
Es ist eine Aufgabe aus der Architektur“woche“ meiner Schule (sie zieht sich aufgrund Corona Chaos bis Mitte März):
Fotografiere eines der folgenden Objekte:
Zeige das Gebäude in seiner Umgebung in einem einzigen Bild.
TL:DR: Architektur ist nicht mein Thema
Der Prime Tower ist nah, ich wende mich zuerst ihm zu. Vom letzten Züri Fäscht weiss ich, dass es einen schicken Ausblick von einem kleinen Pärkchen beim Buecheggplatz gibt und ziehe da hin. Bewaffnet mit Stativ, meinem vintage 70-210er und ganz viel warmer Kleidung.
Hmmnaja. Der Turm ist alles andere als eindrucksvoll, die vielbefahrene Hardbrücke stiehlt ihm die Schau, er wird vom Uetliberg massiv überragt. Ich versuche auch einen Ausschnitt, ohne dass dieser überzeugender wäre.
Ich spüre gut, dass ich das Gebäude einfach nur fürchterlich finde. Einmal mehr hat ein Architekt sein Ego gepflegt anstelle seinen Job zu tun: Ein Gebäude zu entwerfen, dass für die Menschen darin gebaut ist. Vielleicht hilft es, etwas emotionelle Distanz zu bekommen und eines der Wahrzeichen einer anderen Stadt einzupacken?
Die Monsterbaustelle am Rhein kenne ich etwas, hat doch mein Arbeitgeber ein Büro da. Erneut ziehe ich mit Stativ und 70-210er los. Schon kurz nach dem Centralbahnplatz erkenne ich, dass das Ding wesentlich grösser ist als meine Erinnerung. Mein geplanter Fotoplatz im St. Alban Quartier fällt damit ins Wasser bzw. aus dem Rahmen. Also mehr Distanz schaffen, damit die 70mm reichen: Nach rechts ist keine Option, da kommt die Brücke der Bahn, also gehe ich nach links und muss bis hinter die Wettsteinbrücke, damit das Monster in den Sucher passt.
Erneut erscheint das Gebäude alles andere als eindrucksvoll. Eingerahmt von einer - in meinen Augen wunderschönen - Brücke präsentiert es die gesamte Hässlichkeit, welche ich in dem Bau sehe und bekommt den kleinen Platz, den es in meinem Universum innehat.
Das unglaublich üble Wetter Mitte Januar hält mich davon ab, noch den Wankdorf zu besuchen. Auch diesen Platz kenne ich aufgrund meiner Arbeit und der Gedanke, meine Abneigung gegenüber moderner Architektur in einer Bildserie abzubilden, ist natürlich schon gross Aber ja, ich soll ein Bild machen.
So nutze ich einen der wenigen schönen Tage, ziehe erneut nach Basel - dieses mal mit dem bewährten 24-105er. Mein Platz ist frei, die tiefe Abendsonne wirft ein wunderschönes Licht auf Gebäude, Baustelle und Fluss. Ich mache ein paar Bilder, dann löst sich die Schnellwechselplatte und ich verfluche, keinen IKEA Schlüssel eingepackt zu haben - die angedachten Bilder in der blauen Stunde fallen damit ins Wasser.
Nun ist Lockdown, die grossen Bürogebäude sind nur noch spärlich beleuchtet (so denn die Büroristen sich ans Home Office halten). Ich wähle das Bild im Abendlicht und reiche es ein - in der Hoffnung, damit wenigstens ein bisschen zu punkten
Gerade habe ich ein Abo bei Adobe - musste ich doch Photoshop und Lightroom in die Schule mitbringen - ohne dass ich so richtig glücklich damit bin. Es wird Ende Juni auslaufen und ich bin dann und wann am Ausprobieren von alternativen RAW Entwicklern.
Mein bisheriger Liebling Raw Therapee steckt in langsamer Weiterentwicklung fest (die Jungs sind am Integrieren von Exiv2 fürs Parsen von Metadaten) und kommt mit den neuen CR3 von Canon kaum klar, das unterwegs weggeforkte ART tut zwar seinen Job, ist aber noch reichlich kantig und zäh. Aus purer Verzweiflung (und Neugier ) betreibe ich unterdessen selbst compilierte Git Checkouts der Programme - so wirklich glücklich bin ich nicht, aber da liegt ja noch ein halbes Jahr, bis ich erneut eine Alternative zu Lightroom möchte.
Ende letzten Jahres habe ich mich intensiv mit Capture One auseinandergesetzt. Es gilt als veritable Alternative zu Lightroom und spielt seine Stärken im Studio aus: Kamera getethert, die Entwicklungseinstellungen gleich mit dem Lichtsetup einbringen und am Ende der Session sind die Mehrheit der Bilder fertig. Ich bin nicht warm geworden mit dem Programm. Wenn ich im Studio bin, überfordert mich das Licht bereits so, dass ich die zusätzliche Komplexitat der RAW Entwicklung nicht auch noch einbringen möchte - bin ich unterwegs, so finde ich den Workflow gegenüber Lightroom sehr ineffizient. Für die rund 300.- einmalig bzw. 20.- monatlich ist es dann doch einen Happen, den ich mir gegenüber nicht rechtfertigen kann - zumindest so lange, wie ich so wenig Routine im Studio habe.
Für diese Serie setze ich auf DxO PhotoLab 4 und ziehe sie damit durch. Schnell merke ich, dass das Filmpack und Viewpoint alles andere als optional sind, will man mit dem Programm ordentlich arbeiten. Ersteres schaltet einiges an Basisfunktionalität (Vignette, Feinkontrast, Toning ausser Sepia und Split Toning) frei, letzteres stellt meine bisweilen schiefen Aufnahmen gerade. Die drei zusammen schlagen mit rund 400.- doch recht heftig zu, das Cyber Monday Angebot für 275.- habe ich (bewusst) verpasst - dennoch halte ich die Software für einen veritablen Kandidaten, ab Juli meine RAWs zu verdauen. Die Resultate sind prima, die Funktionalität weitgehendst da und die Firma erscheint mir wesentlich mehr kunden- statt investorenorientiert zu sein als Adobe oder Phase One.
Aber ja, ich bin froh, noch ein paar Monate warten zu dürfen, bis ich etwas brauche, dass meine CR2 und CR3 entwickeln mag. Letzteres ist eine Herausforderung für die OpenSource Szene. Die kommerziellen Alternativen sind allesamt wenig prickelnd für einen Beat, der seine Fotografie aus Leidenschaft betreibt, sich etwas „Nachhaltigkeit“ wünscht (grässliches Wort!) und keine Rentabilitätsrechnung machen kann…
So kurz vor Neujahr poppte in unserem Firmenchat ein Link zum Project Gemini auf. Ein Mittelding zwischen Gopher und dem Web, wie wir es heute kennen. Ein Standard, der bewusst so eng definiert wurde, dass er niemals die Komplexität von HTTP, HTML. CSS und JavaScript bekommen kann - gleichzeitig aber auch etwas moderner, als wir uns von Gopher gewohnt sind. Ein komplett überflüssiges Projekt von einer Hand voll Jungs, die auch einmal etwas „grosses“ machen wollten und nicht einfach das benutzen, was meine Generation unter Schweiss erarbeitet hat. Völlig losgelöst zog durch meinen Kopf und ich wollte gleich eine solche Seite haben
Mit Lagrange fand ich einen Browser, dessen Einfachheit, Schnelligkeit und inuitive Bedienung ich mir für Firefox wünschen würde - mit dem Unsinkable Molly Brown einen Server, der auch so eine Art CGI unterstützt.
Der Rest war etwas Fleissarbeit in Perl. Gemini's Sprache ist Markdown angenähert, man kann nicht davon ausgehen, dass der Client Inline Bilder Rendern kann. Das Script, das aus DokuWiki Syntax Gohper Code schreibt, war schnell angepasst, der Konverter von JPG nach ASCII konnte ich gleich recyceln. Ja, es ist behämmert, eine Fotoseite in Gemini zu betreiben - aber es hat unglaublich viel Spass gemacht
Falls Ihr Euch tatsächlich in den Geminispace verirren möchtet, findet Ihr mich unter gemini://fotistudio.ch/
Meine Foto-Lehrer kämpfen seit dem Herbst mit den allgemeinen Restriktionen im Umfeld der Schulen. Die Erwachsenenbildung ist stark eingeschränkt, eine Gruppe zusammen Fotografieren zu lassen vorerst Geschichte. Entsprechend wurden wir mit Tipps zu Improvisation in den eigenen vier Wänden eingedeckt: Kompaktblitze, Karton zum Aufhellen und Abschatten, Backpapier, und sogar so abstruse Dinge wie Duschvorhänge wurden erwähnt. Herrliches Spielzeug, ganz meine Kragenweite In irgend einer (virtuellen) Diskussion fiel auch das Wort Diaprojektor und ich erinnerte mich an einen (besser gesagt sogar deren zwei) in meinem Kellerraum. Sie sind aufgrund des immensen Gewichtes bisher von der allgemeinen Entsorgungswut verschont geblieben - ich schob den Weg zum Elektroschrott bei den alten Zeughäusern erfolgreich vor mich hin.
Es ist Sonntag, meine Migräne vom Morgen hat mich ziemlich erledigt. Statt nach draussen zu gehen und mich einem Fotospaziergang zu stellen, klettere ich in den Keller und schleppe mit letzter Kraft die beiden hoch. Schnell sind aus zwei einer gebaut - es lärmt, heizt und leuchtet. Ich stelle mich mangels Modell selbst davor, spiele mit Streiflicht und Gegenlicht, fabriziere Lichtsäume und Haarlichter. Ein Heidenspass
Im Frühling gibt es eine Woche „Menschenbildins experimentell“, noch steht es in den Sternen, ob diese in dem Berner Studio stattfinden wird. Da ist bekennender Murphyaner bin, liegt bereits „Plan B“ vor - was und wie kann ich in meinen 34m^2 ordentliche Bilder machen, welche in einem Portfolio enden können. Der Projektor hat auf jeden Fall einen Platz in diesen Plänen erobert
Das schräge 2020 ist überstanden, ein neues Jahr steht noch unschuldig und jungfräulich vor uns. Wie gewohnt heisst es die EXIF Daten anpassen - dieses mal gar zweifach, mich begleitet nebst meiner besten Freundin seit Anfangs Herbst auch der kleine Pfupf. Meine grosse Digiknipse hatte doch schon runde 65k Belichtungen drauf, in den 8 1/2 Jahren ist ganz viel passiert und im Hinblick auf meine Fotoschule hielt ich es nicht für verkehrt, Nachschub zu beschaffen. Das Dümmsten, was ich mir vorstellen kann, ist ein Ausfall meines Arbeitswerkzeuges gerade in dieser Zeit. Noch sind wir - der kleine Pfupf und ich - nicht ganz Freunde, aber der Einstieg war schon ganz prima. Er macht Bilder und zeigt mir, wie sehr ich und mein anderes Gerät wie Linsen an ihr Limit (und darüber) kommen. Und auch wenn sich einige Einstellungen vereinfacht haben - das Anpassen der EXIF Informationen ist und bleibt ein elendes Gefummel
Bis Ende Juni begleitet mich noch meine Schule, pro Monat eine Woche weg vom täglichen Alltag. Architektur, Bildkomposition, experimentelle Menschenbildnisse und Stillife sowie eine Projektwoche soll es geben. Gerade letztere steht noch in den Sternen, wer weiss, ob wir im Frühling zusammen ins Bündnerland reisen dürfen. Meine Lehrer geben sich mächtig Mühe, den ständig verändernden Anforderungen zu folgen - trotz allem weiss ich, dass es eine chaotische und bisweilen suboptimale Zeit werden wird. Ich kann aber mit gutem Gewissen sagen, dass ich mich auf diese Wochen freue und weiss, dass es ein grosser Teil dessen sein wird, was mich am Leben hält.
Jobmässig sind meine Erwartungen tief. Ich hoffe, keinen neuen suchen zu müssen - weiss aber auch, dass die Ausnahmesituation wohl noch Monate anhalten wird. Mein Homeoffice dauert sicher noch bis zum späten Frühling, wie sich die Auftragssituation und meine Kunden übers Jahr stabilisieren werden, ist noch völlig offen. Das zweite Halbjahr wird voraussichtlich die Hölle, meine nächsten Ferien sind 2022. Bis dahin fliessen meine Ferientage in die Schule.
Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, hier ein bisschen fleissiger Bildchen zu posten. 2020 war definitiv nicht das Wunder und ich spürte oft, wie mir die Motivation fehlte, meine Eindrücke und Gedanken publik zu machen. Versprechen will ich nichts, schliesslich sind Vorsätze etwas, was man auch über Bord werfen kann (und darf)
Eine Stimme sprach aus dem Dunkel: „Lächle und sei froh, denn es könnte schlimmer kommen.“ Ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.
Vor einem halben Jahr hoffte ich, dass zumindest diese Zeit etwas ordentlicher abläuft. Pustekuchen. Dieses Jahr war wohl die chaotischste und belastendste Zeit, die ich je hatte. Entsprechend bin ich froh, gerade einmal ein paar ruhige Tage zu haben, einfach zu schlafen und nichts zu tun.
Der Juli war warm, die Menschen zog es nach draussen - unsere Epidemologen warnten und verschafften sich Gehör, so kam es zu der generellen Maskenpflicht im Zug. Für mich der Moment, wo mein Bart weg musste und ich meinen Profilbildern nicht mehr glich. Sehr angespannt versuchte ich die „Normalität“ zu leben, was mir dank einigen Kundenbesuchen bisweilen auch gelang. In Hinterkopf war aber doch der baldige Start meiner Fotoschule, das Warten auf eine neue Kamera (ich traute der alten nicht mehr 100% und das ist mir doch ein Bedürfnis in der Schule), die Unsicherheit, ob ich parallel verandtschaftliche Pflichten bekommen könnte. Oft war es mir zu viel und ich suchte nach dem UFO, das mich auf meinen Heimatplaneten zurückbringt.
Im August war es dann so weit - meine Mutter machte ihren letzten Atemzug und eine Woche später sass ich nach Jahren wieder einmal in einer Schule.
Es gibt Menschen, die leiden noch bedeutend mehr unter dieser verrückten Zeit - wenigstens durften sie zu Beginn des Septembers eine kleine Chilbi im Albisgüetli ausrichten. Knapp zwei Wochen später war ich erneut in der Schule, am ersten Abend gab es einen Ausflug in den Fotoladen, um meine neue Kamera abzuholen. Ein paar Unsicherheiten weniger.
Der Oktober krempelte dann erneut alles um. Noch Mitte Monat war ich in Biel für die dritte Woche Schule, stand stellenweise um vier auf, um die Morgenstimmung ebenda einfangen zu können. Zurück aus dieser Woche das erste Wochenende mit Arbeit - Umstellen auf Home Office, Absagen aller Kundentermine folgend den neuen Anweisungen. Ende Monat ist es wundervolles Wetter draussen und ich fange die Herbststimmung ein.
Im November Home Office und Home Schooling, erneut komme ich kaum mehr an die frische Luft. Ich renne virtuell meinen Kunden nach, versuche irgendwie meine Arbeit zu erledigen. Kämpfe jeden Tag darum, meine acht Stunden verrechenbare Arbeit zu leisten. Bisweilen sitze ich zehn, zwölf Stunden an meinem Computer, bin Abends komplett erledigt - die Energie ist weg, ich kann mich nicht erinnern, in gesundem Zustand jemals so wenig Reserven gehabt zu haben.
So rutsche ich in die Vorweihnachtszeit. Zu dem normalen Wahnsinn, angereichert durch den Corona Wahnsinn, kommt auch noch der bald-ist-Ende-Jahr-und-alles-muss-noch-fertig-werden Wahnsinn. Die letzte Woche Schule in diesem Jahr bietet noch etwas Abwechslung, auch wenn wir bis am Freitagabend nicht wussten, ob am Montag überhaupt etwas geht. Zu Heiligabend gibt es wenigstens das traditionelle Christbaumkugelselfie, danach vergrabe ich mich alleine in meiner Stadtwohnung und versuche mit Paraceptamol und Koffein die erwartete Migräne zu überstehen.
Die Aussichten auf 2021? Vielleicht werden wir mit viel Glück in einem Jahr eine Art „Normal“ sehen, vielleicht werden meine Erwartungen (ich lese zu viel) wahr und wir werden noch drei bis fünf Wellen sehen, welche gegen Mitte Jahrzehnt durch sind (ja, ich bin Pessimist, nur so kann ich mich angenehm überraschen lassen). Auf jeden Fall wird dieses „Normal“ fundamental anders sein als das, was wir bis 2019 hatten. Zu viele Dinge wurden mutwillig kaputtgemacht, zu viele Eindrücke und Aengste in den Menschen festgepflanzt.
Vorerst heisst es für mich Kopf runter und durch. Für mich war 2020 ein weiteres Jahr, in dem ich mit meiner Suche nach einer beruflichen Nische nicht vorwärtskam - es sind bald fünf Jahre, dass ich einen Job zurückliess, den ich mit Leidenschaft erledigte. Auch 2021 verspricht nicht besser zu werden. Ich kann froh sein, ein geregeltes Einkommen zu haben, auch wenn ich mich tagtäglich in den A*sch treten muss, um meine Arbeit zu machen. Der Plan B (etwas mit Fotografie) ist genauso auf Eis, ich sehe haufenweise Fotografen, die sich dieses Jahr irgendwie durchmogeln mussten, um überhaupt zu überleben.
Alles ein bisschen schwierig.
Immerhin, auf mich warten weitere 6 Monate Schule - einzelne Wochen, die mich motivieren, für die ich aktuell alles gebe, die mich mit Freude erfüllen. Ich lerne unglaublich viel, probiere aus, mache Bilder. Zumindest diesen Teil meiner Neujahrsvorsätze habe ich erfüllt