Zu Beginn stürmisch und nass, dann noch einmal so richtig heiss, inklusive Tropennächte. Der Sommer ist hartnäckig!
Nebst dem Bild vom Tag gibt es zwei längere Fotostrecken, ich porträtiere neue Mitarbeiter und mache eine ausgiebige Reportage über den Sommerevent meines Arbeitgebers. Meine Ausdauer hat sich gebessert, auch wenn sie noch nicht die 14-16 Stunden durchhält, wie ich mir das von früher gewohnt bin.
Mein Arbeitgeber lädt zum Sommerevent ein: Wasserskis, Wakeboards, aufblasbare Gummiwürste und Standup Paddles. Am A.d.W. im Berner Oberland, inmitten einer Postkartenlandschaft. Kurzfristig findet der Sommer zurück, noch wenige Tage zuvor wäre das Ganze wortwörtlich ins Wasser gefallen.
Der Event repräsentiert für mich den Wandel, den ich in dieser Firma erleb(t)e. Vor 5 Jahren waren wir ein Zuhause für Nerds und verbrachten den Sommerevent im Techorama. Jetzt ist die gefühlte Mehrheit neurotypische Menschen, welche ihre Bikinifigur und Motorböötchen mitbringen.
Dieser Kontrast fasziniert mich. Nebst der Chance, mich ohne Druck an einer kleine Reportage zu versuchen, nutze ich die Bilderstrecke, um mich mit dem Wandel auseinanderzusetzen. Quasi beobachtende Teilnahme mit meiner Kamera - ein Weg, den ich seit Jahrzehnten nutze, wenn mich etwas beschäftigt, das ich nur schwerlich einordnen kann.
Der offizielle Film ist mittlerweile online, meine Fotos sammeln Staub im internen Datengrab. Der schnell geschnittene, konsumierte und vergessene Film ist Trumpf in der jungen Generation. Ich kann damit leben, habe ich auch dieses Mal vor allem für mich zur Kamera gegriffen und erreicht, was ich aus dem Tag ziehen wollte.
Ein heisser, bisweilen gewittriger Sommermonat. Die Wärme verlängert meine Wege (man sagt dem Physik), jede Bewegung benötigt länger als gewohnt. Das Leben fühlt sich zäh an, mein Körper erfindet etwas Neues und produziert an den Wochenende Temperatur statt Migräne.
Mir jeden Tag ein paar Minuten für das Bild vom Tag zu nehmen lohnt sich. Ich komme zwar nicht ganz so häufig dafür aus dem Haus, aber es motiviert mich, ein paar Minuten Abstand zu nehmen. Bald habe ich ein Jahr zusammen - Zeit für eine Aenderung. Nicht an der Idee an sich, aber am Aufhänger?
Das aktuell eingesetzte Super Takumar 3.5/35mm ist Stand Mitte 60er. Eventuell etwas ähnliches, aber von heute? Canon hat ein brandneues 2.8/28mm Pancake, doch ist dieses nur in homöopathischen Dosen erhältlich. Und ich jeweils zu spät, um eines zu bestellen.
In einer schlaflosen Nacht, gegen zwei Uhr morgens (ja, tags darauf Arbeit wie gewohnt…) eine Idee. Das Takumar ist Mitte 60er, das Pacake Mitte 20er. Beide gelten als „Consumer Linsen“. Dazwischen liegt Mitte der 90er, die verrückte Zeit, in der Tamron für die Amateure die ersten Superzooms auflegte. Wir fragten uns damals, beim Blick in das Schaufenster der Interdiscount Filiale im Shop Ville, wie die das machten.
Ich finde eines, bei einem Händler in Locarno. Da ich Kompatibilitätsprobleme zwischen altem Autofokus Glas und modernen Kameras kenne, reise ich spontan in den Süden und probiere es vor Ort. Es tut, wir werden handelseinig und ich habe einen Aufhänger für die nächste Runde Vintage
Er guckt majestätisch übers Wasser, der Löwe im Hafen Enge. Ich erwische ihn erst im Eindunkeln, der Tag war schlicht zu warm und zu Migränig. Aber es musste einfach heute sein, schliesslich guckt ein anderer Löwe jetzt sicher auch majestätisch übers Wasser. Irgendwo im Nordatlantik
Ich wünsche Dir, Nala, einen glitzernden Geburtstag! Möge Deine jetzige Reise und das neue Lebensjahr in wundervollen Erinnerung bleiben.
Ich bin beinahe blind. Zwar habe ich jetzt eine Office Brille, doch ist diese bis ca. 1m scharf - was dahinter ist, verschwimmt im Unscharfen. Meine Gleitsichtbrille bekommt neue Gläser. Genauer: Bekam neue Gläser. Beim Richten während der Uebergabe machte es *knacks*, sie musste zurück in die Werkstatt und ich drücke der Stiftin die Daumen, dass das Donnerwetter von der Chefin nicht allzu gross war. Unter diesen Umständen Feuerwerk zu gucken erscheint mir wenig sinnvoll, auch wenn coronabedingt erst nach vier Jahren wieder ein Züri Fäscht stattfindet
Obwohl ich - der neuen Officebrille einen harten Einsatz gebend - am Freitagabend viel zu spät aus dem Büro krieche, entschliesse ich mich dennoch, den Berg hochzugehen. Vielleicht kann mein Fotoapparat fotografieren, was ich nicht wirklich sehe? Ich packe Stativ und 500er Spiegel in den Rucksack.
Love the Life von Antonio Parente
Nachdem die Bilder am Freitagabend erstaunlich gut wurden (ja, ich sehe den Monitor knackscharf), werde ich etwas mutiger und ziehe am Samstagabend in die Stadt. Dieses mal das 35er auf der Kamera und die Idee, für einmal direkt am See, „von unten“ Bilder zu machen. Ich bin erschlagen von den vielen Menschen, das muss mehr als eine Million Zuschauer sein. Da ich auf dem Weg und am See keine 20cm Luft um mich habe, spielt das fehlende Sehen in die Weite keine Rolle.
Klassik von Joachim Berner
Viel länger möchte ich nicht im Chaos bleiben und suche mir einen ruhigen Ausweg. In meiner Stadtwohnung gibt es Anti Brumm, frisches Wasser und das 70-210er, danach fahre ich erneut auf den Berg. Das 500er war schick, aber ich möchte auch noch das grosse Finale einfangen. Auch hier vor Ort hat es Menschen. Viele Menschen. Das letzte mal war ich mutterseelenalleine. Einer, vielleicht Anfangs 20, steuert geradewegs auf mich zu und fragt mich, was das dunkelrote, leuchtende Ding über dem Berg sei. Es kann zwar offensichtlich Handies bedienen, hat aber noch nie einen Mondaufgang erlebt.
Best of Pop-Rock von Joachim Berner
Die eine Kamerabatterie purzelt bei diesem Einsatz in die Landschaft, nach der Show suche ich auf den Knien und mit Handy Taschenlampe sicher eine halbe Stunde danach. Als ich aufgebe, liegt sie ganz unschuldig vor meinem linken Schuh. Gut so, im Gegensatz zu dem Objektivdeckel, den ich einmal hier verloren habe, gäbe der Lithium-Polymer-Akku doch ein ordentliches Feuerwerk, wenn der Rasenmäher darüberfährt.
Ich bin fasziniert von den Bildern. Sie sind qualitativ auf einer ganz anderen Ebende als alle Feuerwerksbilder, die ich bisher gemacht habe. Ist es die „neue“ Kamera? Oder das Wissen aus der Fotoschule? Oder war das Geheimnis, eben etwas zu fotografieren, was ich nicht wirklich gesehen habe? Ich erinnere mich dumpf an eine Geschichte von einem blinden Fotografen, die in meiner Jugend die Runde machte…
Der (Früh)Sommer ist da, es ist mehr als ein Monat trocken und warm. Mein Schlafrhythmus fällt gänzlich auseinander, selten finde ich mehr als vier bis sechs Stunden pro Nacht. Die verbleibende Energie muss ich mehrheitlich in den Job stecken, um irgendwie den Kopf über dem Schlamm zu halten.
Trotz allem schaffe ich einige Bilder, an denen ich richtig Freude habe. Jetzt sind es neun Monate, die ich durchgezogen habe, jeden Tag machte ich ein Bild. Ein bisschen stolz bin ich ja schon!