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Nationalfeiertag

Erster August, die Schweiz hat „Geburtstag“. Einer der wenigen warmen Tage mit strahlendem Sonnenschein in diesem Jahr. Ich unterwegs ins Büro, packe nach einer erkenntnisreichen Nacht Material für meinen Auslandeinsatz über das Wochenende. Nala und Marius frühstücken auf dem See, ich fange die wunderbare Aussicht mit dem kleinen Boot ein und verpasse prompt vor der Barriere den Zug.

Vor der Kirche in Mühlehorn steht ein „kuscheliger“ Baum, den ich schon länger fotografieren wollte. Er hat es in sich, einige Fliegen sind bereits den Spinnen zum Opfer gefallen. Unterdessen paddeln die beiden zurück an den Strand und ich mache spontan eine kleine Reportage über das Auswassern.

Der Abend gehört der Familie, wir machen auf dem nahen Exiplatz ein kleines Feuer und bräteln unsere Würste. Die Faszination des Feuers packt auch mich, ich kann mich jedoch zurückhalten damit zu spielen und mache bloss ein paar Bilder.

Bulle

Ein lauschiger Sommerabend, zwischen kaltem Serverraum und einem feinen Znacht. Mein Job hat mich wieder einmal an einen Ort gebracht, an dem ich noch nie war, den ich ausschliesslich aus den Nachrichten kannte. Bulle blablabla 2:1 hiess es in meiner Jugend des öfteren.

Das Städtchen gleicht Glarus. Die Berge sind vielleicht nicht so hoch, Hauptort des Kantons ist es trotz sturen Köpfen nie geworden. Wie Glarus brannte es im 19. Jahrhundert ab und wurde auf dem Reissbrett neu entworfen, das Flair der Belle Epoque steckt überall in der Innenstadt. Die Landwirtschaft hat einen grossen Stellenwert, das lokale Essen ist einfach fantastisch und die Leute sind ausgesprochen freundlich. Kaum jemand, der einem auf der Strasse nicht ein Bonjour entgegenwirft.

Bagger

Ich bin definitiv kein Profifotograf, auch wenn ich dann und wann professionell fotografiere, sprich während dem Bildermachen etwas Geld verdiene. Meist sind es Fotos von irgendwelchen Racks in kalten Serverräumen - künstlerisch nicht besonders wertvoll, aber wichtig für die Dokumentation meiner Projekte.

Für einmal brauchte ich ein eindrückliches Bild von einem Bagger. Selber machen macht mehr Spass als klauen und so machte ich ein paar „Portraits“ :-)

Nachbarschaft

Eine italienische Altstadtgasse bietet weniger Privatsphäre als ein Facebook Account. Es war das einzige Foto von zwei Tagen Italien, mir war schlicht der Temperaturunterschied zu gross und ich schwankte die Tage zwischen Migräne und tiefer Schlappheit.

Meine Nachbarn kamen kurz nach elf nach Hause, nahmen nacheinander eine Dusche, bumsten, legten sich schlafen. Vielleicht zwanzig Minuten, nahezu wortlos, ausser dem laufenden Wasser und einem rhythmischen klatsch, klatsch, klatsch danach keine weiteren Geräusche der Lust oder Hingabe. Um halb sieben waren sie bereits wieder auf und knatschten mit ihren Kindern.

Ich hoffe er hat etwas Gleitmittel benutzt, so blieben wenigstens die physischen Verletzungen aus. Die Seelischen lassen sich damit aber auch nicht vermeiden. Sexualität mag einen wichtigen Bestandteil einer Beziehung sein, vielleicht sogar der Wichtigste überhaupt. Aber so?

Kürzlich hatte ich eine interessante Diskussion über das Thema. Noch vor wenigen Jahren durfte Mann Sexualität in der Ehe unbestraft einfordern, ein Verweigern galt als Scheidungsgrund. Keine Ahnung, wie die heutzutage die rechtliche Situation in Italien ist - ich kann mir aber gut vorstellen, dass die Regeln der Kirche nach wie vor einen grossen Einfluss auf die Gesetze des Staates haben.

Irgendwann wird er vielleicht einem hübschen Mädchen begegnen, sie einem heissen Latin Lover. Werden Sexualität erleben, wie sie es bei ihren Partnern nicht mehr haben. Werden am Morgen danach wieder am Frühstückstisch sitzen, sich angeifern, vielleicht sogar ihren eigenen Weg gehen. Es wird heissen, sie hätte ihn ihr weggenommen. Oder er sie ihm. Niemand wird fragen, wie ihre Beziehung davor ausgesehen hat, wie sie sich darin gefühlt haben. Am allerwenigsten die Beiden sich selbst.

Sie werden sich wohl auch in die neue Beziehung stürzen und ihren alten Partner als böse bezeichnen. Er, Sie, war an allem Schuld. Wie war das? Sex findet vor allem im Kopf statt? Das würde ja heissen, dass ich selbst für meine Emotionen, meine Lust und mein Erleben verantwortlich bin. Ich kann das nicht meinem Partner delegieren. Auch die gefühlten 1000 Stellungen des Kamasutras oder die guten Tipps der Paartherapeuten können nichts helfen, wenn ich meinen eigenen Psychomüll mit mir herumtrage und meinem Erleben im Wege stehe.

Aber eben, man macht es so. Frau legt sich hin, Mann penetriert. Sie bekommt dafür ein Stück Sicherheit, er körperliche Befriedigung. Ist es vermessen da zu schreiben, viele Frauen würden sich prostituieren? Ob es nun für Geld in der Tasche ist - was nichts anderes als Sicherheit bedeutet - oder das Gefühl von Sicherheit - so gross ist der Unterschied eigentlich gar nicht.

Gegen Mitternacht hatte auch ich genug kühl in meinem Zimmer, dass ich meine philosophischen Gedanken beiseiteschob und wegkippte.

Bye Bye

14 Jahre und 411'000km hat er uns begleitet. Meist dahin gebracht, wo wir hin wollten oder mussten. Immer nach Hause gebracht. Sein Alter hinterliess Spuren, überall nagt der Zerfall. Der Abschied fällt schwer, viele Erinnerungen hängen an seinen Blechen und Nieten.

Der Kopf sagt „jetzt ist Schluss“, der Bauch ist anderer Meinung. Es war ein tolles Auto und wir wissen, dass wir nie mehr so etwas bekommen werden.

Cimitero

Darf man auf einem Friedhof Bilder machen? Ich weiss es nicht… Lugano hat einen alten Friedhof, gleich neben dem Stadion. Per Zufall entdeckte ich ihn kürzlich, als ich etwas ziellos durch die Strassen schlenderte. Mir ist kein anderer Ort begegnet, an dem derart viel Kunst auf so kleiner Fläche steht. Familiengräber aus der Zeit zwischen Belle Epoque und heute, mittendrinn eine Kapelle, die schon fast den Namen Dom tragen könnte.

Diese Bronzegruppe stach mir bei meinem ersten Besuch in die Augen. Es nieselte, der Friedhofsgärtner werkelte ganz in der Nähe. Heute schien die Sonne, ich war ich alleine, traute mich die Kamera hervorzunehmen. Er liegt sichtlich im Sterben, gestützt von einer Krankenschwester. Der Engel dahinter mit einer liebevollen Geste. Bereit, die Seele auf ihrer letzten Reise zu begleiten.

Vielleicht wird auch bei mir irgendwann ein Engel kommen?

Leise verabschiedete ich mich von den Menschen, die hier die letzte Ruhestätte gefunden haben. Entschuldigte mich dafür, ihren Platz fotografiert zu haben und glaubte zu spüren, sie hätten mich verstanden. Das nächste Mal lasse ich die Kamera aber wieder im Rucksack, auch wenn die Lebenden vielleicht ihr Einverständnis geben würden.


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