Gerüstet mit viel Zeit stelle ich mich in die Schlange und lasse mich fotografieren. Ob es die „falsche“ Kamera ist, dass der Mensch am Ventilator auf full power stellt und mich beinahe wegbläst? Oder will er mir unter den Rock gucken? Fragen über Fragen
Die Lomoleute haben ihr Versprechen gehalten und ich kann mein Souvenir abholen. Die grottigste Linse, die ich je hatte. Ich freue mich riesig, sie als Gestaltungsmittel einzusetzen.
Bei Canon entdeckte ich in einer Ecke die vielleicht faszinierendste Vitrine der ganzen Messe. Canon, „Made in China“. Selbst Hologramme können die Schlitzaugen nachbauen, der Hammer ist ein vollständiger Objektivtubus ohne Inhalt…
Voller Eindrücke und vieler guter Gespräche verlasse ich die Messe. Tut gut, für einmal etwas „Sinnloses“ zu machen!
20 Jahre sind es her, dass ich auf der anderen Seite der Theke stand und den Leuten die neuesten Errungenschaften der fleissigen Japaner präsentierte. Mit viel Nostalgie und etwas Neugier reise ich nach Köln, freue mich auf einen Event, den ich nicht aus beruflichen Gründen besuche.
Mein Weg führt vorbei an der Logographischen Gesellschaft, am einzigen Stand, der auch vor Ort verkaufen darf. Der gewünschte Adapter funktioniert und bin froh, dass ich einen zweiten Tag gebucht habe und mir die Jungs ihn aus dem Lager organisieren können. Ich betatsche eine Hand voll Linsen, gucke fasziniert durch ein EF8-15mm, ein Zeiss 1.4/85, ein Sigma 12-24mm und verwerfe den Wunsch nach *haben*. Beim EF17-40mm bin ich mir hingegen gar nicht so sicher…
Hasselblad macht einmal mehr Shows mit lasziven Mädels, versucht eine Mirrorless mit Sony Technik an den Mann zu bringen. Ich bin durchaus froh, meine 503CX vor kurzem abgegeben zu haben, das System ist jetzt definitiv tot. Und wohl zum letzten Mal sehe ich Kodak. Am Stand machen noch alle Friede, Freude, Eierkuchen und werden Ende Jahr einen neuen Job brauchen.
Das Büro holt mich permanent ein, ich stehe oft am Rand des Geschehens mit dem Handy in der Hand. Ich hatte am Morgen die Dusche am Bahnhof bleibenlassen, bin mit Utilikilt vor Ort und ein begehrtes Fotoobjekt. Bei 100 habe ich aufgehört zu zählen
Die grösste Budenstrasse und Rummelplatz der Schweiz locken mich an diesem strahlenden Spätsommer bzw. Frühherbsttag nach Zürich. Aber das häsch doch sletscht Jahr scho gmacht? meint Nala - richtig, damals aber noch mit einer anderen Kamera. Wenn die Bilder dieses Mal nix werden, dann ist definitiv der Fotograf eine Pflaume
Auf der Heimfahrt wird mir bewusst, wie sich die Zeiten geändert haben. Wie an Weihnachten kann ich mich auch hier nicht wirklich an die LED Beleuchtung gewöhnen. Und ich bin fasziniert, vielleicht erschreckt davon, wie die grossen Bahnen unserer Jugend nicht mehr voll werden. Eine Enterprise, die Berg- und Talbahnen - leere Plätze mitten in der Rush Hour. Vor 30 Jahren mussten wir anstehen, um unsere Angebetete von der Fliehkraft in unsere Arme gleiten zu lassen. Ich werde alt.
5 1/4 Stunden stoffle ich durchs Getümmel, mache 600 Bilder. Meine letzte Fotosession ist beinahe einen Monat her und es tut gut, mich so richtig auszutoben. Mir begegnen Farben, Licht, verlorene Dinge, unzählige Menschen. Ich merke, wie sich mein Stil verändert, wie ich immer mehr auf die Details achte. Vielleicht noch zu wenige Menschen? An dieser inneren Schwelle arbeite ich noch, nicht zuletzt seit der Streetparade
Ich wünsche Dir alles Gute zu Deinem Geburtstag und zu Deinem neuen Lebensjahr!
Wann immer Du mich brauchst, ich werde für Dich da sein. Um Dich herum, auch wenn mir die Herzform vielleicht etwas Mühe machen wird
Seit Anfangs Jahr begleitet mich die Idee. Ich setze mich an einem Abend hin, mache eine rasche Skizze.
Ein erster Versuch auf dem Balkon. Live View auf dem Notebook ist zwar nett, aber nicht Spiegelverkehrt. Ich bewege mich immer in die falsche Richtung
Immerhin, das Konzept klappt technisch. Ich drücke mit dem grossen Zeh den linken Knopf einer Maus, bei der irgendwann die Kugel verloren gegangen ist und die mit zwei USB Verlängerungen am Notebook angeschlossen ist.
Zweiter Versuch, ich montiere die Kamera, eine Leinwand als Aufheller. Beklebe das Garagentor mit PostIts um die Ecken des Bildes zu markieren. Eines hängt noch ein paar Millimeter ins Bild, seine Farbe bestimmt wenig später die der Buchstaben.
Ein paar Turnübungen am Morgen - jetzt halten mich sicher alle Obstaldner für total plemplem
Nach der Skizze zusammenkleben und mit Gimp beschriften.
Zum Schluss einen netten Ausflug nach Zürich, im Gepäck einen Memorystick mit grossem File. Vorbei beim Bären für einen Ausdruck, beim Büro Meier für eine Karte und beim Starbucks für einen feinen Kaffee. Ich liebe es, Kunst zu machen. Ganz besonders, wenn ich sie so lieben Menschen schenken darf!
Sex, Drugs and Techno (und Müll). Die alljährliche Streetparade findet für einmal wieder bei strahlendem Sonnenschein statt. Ich bin am Morgen noch rasch im Büro, um all das Zeugs vorzubereiten und einzupacken welches für die nächsten 10 Tage Home Office notwendig sind. Nach einem kurzen Zvieri stürze ich mich ins Getümmel.
Ganz anders als vor zwei Jahren fühle ich mich etwas befangen. Weiss um die teuren Dinge in meinem Rucksack, die fehlende Sonnencreme, die noch immer neue Kamera, der Znacht, bei dem ich zuhause sein sollte. Ich mache gut 600 Bilder in einer guten Stunde, alle aus der Hüfte, spiele mit Zeit und Blende. Experimentalfotografie pur. Das Resultat ist eine wirre Mischung von verschiedenen Stilen, Farben, Momenten und Bewegung. Nach dem Ausmisten ist jedes Bild für sich einzigartig, aber ich bin weit davon entfernt, sie als Serie ansehen zu können.
Ich bin fasziniert davon, wie sehr das Werkzeug einen Einfluss auf das Gefühl beim Fotografieren haben kann. Die Kamera in den Händen ist immer mit Gedanken verbunden, löst Gefühle aus, beeinflusst die Bilder. Der Unterschied zwischen einer Fr. 500.- Kamera, bei der die Garantie beinahe abgelaufen ist und einer Fr. 5000.- Kamera, die ich so langsam technisch in den Griff bekomme, ist frappant. Genauso das Wissen darum, dass ich jetzt eine Top Kamera in den Fingern halte und damit eigentlich auch Top Bilder machen sollte…
Das nächste Mal wird alles anders. Ich hoffe, dass ich diese Zeilen lesen werde, bevor ich das nächste Mal für einen solchen Event aus dem Haus gehe: Schrägeres Outfit, einen guten Hut und Sonnencreme, maximal eine Bauchtasche und eine nackte Kamera sowie etwas mehr Zeit. Aber vielleicht geht es in die Hosen wie bei meinem letzten Vorsatz
Sonntagnachmittag in München. Ich habe lange geschlafen, ausgiebig gefrühstückt und meinen Rucksack im Schliessfach deponiert. Das Wetter ist grandios und ich mache mich auf die Suche des Geisterbahnhofes Olympiazentrum - vergeblich. Nach zwei Stunden Suche unter der prallen Sonne holt mich eine Migräne ein, ich breche ab und kehre zurück in den Bahnhof. Nicht ohne ein paar Impressionen mitzunehmen.
Der nördliche Flügelbahnhof, in den 50ern ganz im Stile des Nationalsozialistischen Prunks neu erbaut, ist normalerweise ein Geisterbahnhof. Wenige Meter daneben pulsiert das Leben, laufen beinahe rund um die Uhr die grossen Umsätze. Die ehemalige Schalterhalle steht leer, vereinzelt liegt ein Penner in der Ecke, der Raum ist schummrig, kalt, riecht penetrant nach Pisse. Die Münchner machen einen Bogen darum, gehen lieber den längeren und engen Weg durch die Haupthalle.
Jetzt in der Ferienzeit sitzen die Touristen auf der Treppe. Sie wissen nichts davon, dass man da nicht ist. In der Ecke schlürfen ein paar Polizisten friedlich einen Kaffee. Obwohl ich sicher 30m weg stehe, um ein Bild der Fassade zu machen, versteckt sich eine Gruppe hinter Händen und Colaflaschen. Ich fühle mich als Eindringling in ihrer Privatsphäre und denke an die vielen Gesetze zur Ueberwachung der Bürger, die Deutschland in den letzten Jahren eingeführt hat.
Die Stammstrecke der S-Bahn ist das ganze Wochenende gesperrt, unvorstellbar für einen Zürcher. Ich suche mir einen Znacht im Bahnhof. Mit der dummen Birne in die Stadt zu gehen und danach nicht mehr zurückfahren zu können, ist definitiv keine Option. Die Entscheidung ist gut, kaum habe ich den letzten Bissen heruntergeschluckt, entlädt sich ein Riesengewitter. Es regnet selbst im Bahnhof und ich bin froh, nicht lange auf meinen Nachtzug in den Süden warten zu müssen.
Die Fahrt verläuft ruhig, ich habe spannende Mitreisende. Ein italienischer Gastarbeiter reist mit seinen beiden Söhnen nach Hause. Er hat versucht, ihnen einen guten Start ins Leben zu geben und sorgte für ein sauberes Deutsch, er selbst ist bei seinem Baustellenitalienisch geblieben. Seine Söhne sind jetzt nicht mehr Italiener, aber auch keine Deutschen - Secondos, die nirgends so richtig zuhause sind. In Rosenheim steigt eine junge Nonne zu, auf dem Weg zu einer Freundin. Sie fasziniert mich einmal mehr damit, dass sie furchtbar nervös über die Verspätung und die Reise ist. Was ist das für eine Religion, bei der selbst die professionellen Mitglieder nicht auf ihren Gott vertrauen?
Ich schlafe lang und tief. Egal was passiert, es wird richtig sein, davor Angst zu haben macht keinen Sinn. Wenn ich vor etwas Angst habe, dann höchstens davor, dass mit der Himmel auf den Kopf fällt.