Webseiten-Werkzeuge


News

Tram

In meiner Leseliste ist der Blog von Lensrentals, einem wunderbaren Sammelsurium von nerdigen Artikeln. Alleine schon die Geschichte der Fotografie ist überaus lesenswert. (Vorsicht! Suchtfaktor!) Neulich kam ein Artikel über Previsualisierung, der spannende Inputs lieferte - unter anderem ein zusammengeschnippeltes Foto einer New Yorker U-Bahn. Die horizontale Achse stellt nicht die Breite dar, sondern die Zeit.

Zürich hat keine U-Bahn, dafür Trams. Ich ziehe Abends los, stelle die Kamera auf das Stativ und lasse sie bei der Vorbeifahrt einiger Tramzüge rattern. Die Schnippelei in Photoshop ist eher übel, die Hintergrundstruktur gefällt mir definitiv nicht. Auch ist die Stadt seit der Stromsparkampagne vor einem Jahr merklich dunkler, ich muss die Strecke eher in die blaue Stunde schieben, will ich etwas von dem Tramzug sehen.

Takumar

Nach dem Sommer 2022 war mir klar, dass ich etwas tun muss. Die Idee war einfach, ein Bild pro Tag, wenigstens so lange ich Lust darauf habe. Um meinen Rücken Rucksack nicht noch mehr zu belasten, besorgte ich mir am Photoflohmarkt ein leichtes Weitwinkel.

Zu Beginn war das Konzept noch recht unausgegoren. Die Linse war gesetzt 1), ein Super Takumar 3.5/35mm. Sie hat mächtig Vignettierung und Randschärfenabfall - mir war schnell klar, dass ich das bewusst einsetzen möchte und blieb bei Offenblende. Bald merkte ich, dass ich nicht jeden Tag nach draussen mochte und zog für solche Tage den Joker mit einem Sujet aus meiner Stadtwohnung. Ich blieb bei meinem Stil, brachte keine Menschen auf das Bild 2).

Ein Jahr hielt ich durch, jeden Tag gab es ein Foto :-o 3).

Mich jeden Tag 5 bis 15 Minuten mit Fotografie auseinanderzusetzen hat mir gut getan. Aktuell nehme ich die Kamera vielleicht ein, zwei mal pro Monat hervor, um eine Bilderstrecke zu machen - mein Job hat sich fundamental geändert und ich bin nicht mehr unterwegs an mir unbekannte Orte. Das Bild vom Tag motivierte mich, jeweils eine Pause zu machen, mich mit etwas auseinanderzusetzen und die Gedanken an Kunden, Systeme und Probleme beiseitezulassen. Die Fotografie blieb mir trotz all dem Chaos und der eigenen Schlappheit präsent, ich (er)lebte täglich ein Stück meiner Leidenschaft.

Je näher das Ende des Jahres kam, desto mehr machte ich mir Gedanken zur Nachbearbeitung. Historisch würde der Kodachrome zur Linse passen, waren doch beide in den 60ern „zuhause“. Nur4) finde ich Kondachrome einfach nur scheusslich. Auf der Suche fand ich in einem den Look des National Geographic, quasi Kodachrome in der Druckaufbereitung. Kenne ich, passt, lagen doch ein paar solcher Hefte in meinem Elternhaus. Wie jeder Preset brauchte auch dieser noch etwas Nachbearbeitung, so finde ich synthetisches Korn ziemlich daneben.

Was tun mit den Bildern? Ich habe sie für mich gemacht, also sollen sie auch mir präsentiert werden ;-) Am Besten als täglich wechselnder Hintergrund auf meinem Mac. Was sich als gar nicht so einfach herausgestellt hat, gibt die API doch nur den aktuell in Spaces sichtbaren virtuellen Desktop frei. Soll ich jeden Morgen meine sechs virtuellen Desktops neu belegen? Wochenlang zermarterte ich mir den Kopf und fragte Google Löcher in den Bauch, bis ich an einem migränigen Samstagmorgen gleich 6(!) Möglichkeiten fand. Die hässlichste habe ich weiter verfolgt: Ich kopiere das Bild vom Tag an einen definierten Platz und kille das Dock, um das Hintergrundbild neu zu laden. Gut, es brauchte dann noch mehr Murks, ein sleep() verhaltet sich unterschiedlich, ob während dem Suspend des Macs das Netzteil eingesteckt ist oder nicht.

Und hier ist das Resultat 8-)

Sharing is caring heisst es ;-)

Kleine Warnung: WORKSFORME. Das Binary und DMG sind nicht signiert und brauchen einen Tanz rund um den Gatekeeper, die Bilder sind auf mein 16“ Retina Display zurechtgestutzt. Falls Du wahnsinnig genug bist, es zu versuchen, würde ich mich über einen kurzen Kommentar freuen! Und für alle anderen: Spricht mich an. Wenn ich meinen Computer mit dabei habe, zeige ich Dir gerne das Bild vom Tag!

1) Ein einzelnes Bild ist mit einer anderen, aber auch sehr Vintage, entstanden - Blende und Brennweite blieben dieselben
2) Auch hier eine einzige Ausnahme mit dem Tochterkind
3) Und die letzte Ausnahme, ein Tag versiebte ich am Computer und machte tags darauf zwei Bilder
4) Ich muss mich da outen, peinlich!

Vintage

Der Endspurt beginnt, die grosse Arbeitswelle vor Weihnachten prasselt auf mich ein, draussen begleiten mich die letzten warmen Tage.

Es ist der zwölfte Monat, in dem ich mit dem leichten Weitwinkel unterwegs bin. Zeit, das Projekt quasi abzuschliessen und etwas Neues zu starten. Weil - ohne Bild vom Tag würde mir etwas fehlen 8-)

Vintage

Zu Beginn stürmisch und nass, dann noch einmal so richtig heiss, inklusive Tropennächte. Der Sommer ist hartnäckig!

Nebst dem Bild vom Tag gibt es zwei längere Fotostrecken, ich porträtiere neue Mitarbeiter und mache eine ausgiebige Reportage über den Sommerevent meines Arbeitgebers. Meine Ausdauer hat sich gebessert, auch wenn sie noch nicht die 14-16 Stunden durchhält, wie ich mir das von früher gewohnt bin.

Sommerevent

Mein Arbeitgeber lädt zum Sommerevent ein: Wasserskis, Wakeboards, aufblasbare Gummiwürste und Standup Paddles. Am A.d.W. im Berner Oberland, inmitten einer Postkartenlandschaft. Kurzfristig findet der Sommer zurück, noch wenige Tage zuvor wäre das Ganze wortwörtlich ins Wasser gefallen.

Der Event repräsentiert für mich den Wandel, den ich in dieser Firma erleb(t)e. Vor 5 Jahren waren wir ein Zuhause für Nerds und verbrachten den Sommerevent im Techorama. Jetzt ist die gefühlte Mehrheit neurotypische Menschen, welche ihre Bikinifigur und Motorböötchen mitbringen.

Dieser Kontrast fasziniert mich. Nebst der Chance, mich ohne Druck an einer kleine Reportage zu versuchen, nutze ich die Bilderstrecke, um mich mit dem Wandel auseinanderzusetzen. Quasi beobachtende Teilnahme mit meiner Kamera - ein Weg, den ich seit Jahrzehnten nutze, wenn mich etwas beschäftigt, das ich nur schwerlich einordnen kann.

Der offizielle Film ist mittlerweile online, meine Fotos sammeln Staub im internen Datengrab. Der schnell geschnittene, konsumierte und vergessene Film ist Trumpf in der jungen Generation. Ich kann damit leben, habe ich auch dieses Mal vor allem für mich zur Kamera gegriffen und erreicht, was ich aus dem Tag ziehen wollte.

Vintage

Ein heisser, bisweilen gewittriger Sommermonat. Die Wärme verlängert meine Wege (man sagt dem Physik), jede Bewegung benötigt länger als gewohnt. Das Leben fühlt sich zäh an, mein Körper erfindet etwas Neues und produziert an den Wochenende Temperatur statt Migräne.

Mir jeden Tag ein paar Minuten für das Bild vom Tag zu nehmen lohnt sich. Ich komme zwar nicht ganz so häufig dafür aus dem Haus, aber es motiviert mich, ein paar Minuten Abstand zu nehmen. Bald habe ich ein Jahr zusammen - Zeit für eine Aenderung. Nicht an der Idee an sich, aber am Aufhänger?

Das aktuell eingesetzte Super Takumar 3.5/35mm ist Stand Mitte 60er. Eventuell etwas ähnliches, aber von heute? Canon hat ein brandneues 2.8/28mm Pancake, doch ist dieses nur in homöopathischen Dosen erhältlich. Und ich jeweils zu spät, um eines zu bestellen.

In einer schlaflosen Nacht, gegen zwei Uhr morgens (ja, tags darauf Arbeit wie gewohnt…) eine Idee. Das Takumar ist Mitte 60er, das Pacake Mitte 20er. Beide gelten als „Consumer Linsen“. Dazwischen liegt Mitte der 90er, die verrückte Zeit, in der Tamron für die Amateure die ersten Superzooms auflegte. Wir fragten uns damals, beim Blick in das Schaufenster der Interdiscount Filiale im Shop Ville, wie die das machten.

Ich finde eines, bei einem Händler in Locarno. Da ich Kompatibilitätsprobleme zwischen altem Autofokus Glas und modernen Kameras kenne, reise ich spontan in den Süden und probiere es vor Ort. Es tut, wir werden handelseinig und ich habe einen Aufhänger für die nächste Runde Vintage 8-)


Seiten-Werkzeuge