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Infrarot

Social Evening, weit jenseits der 1000 Leute sind zu verköstigen und zu animieren. Die Organisatoren haben das prima gepackt, mit uns einen Ausflug in eine Ausstellung mit technischem und naturwissenschaftlichem Krimskrams ähnlich dem Technorama unternommen.

In einer Ecke hängt eine Wärmebildkamera, mal eine ganz neue Sicht auf Beat 8-)

Mile High City

Mein morgendlicher Spaziergang von meiner Unterkunft ins Kongresszentrum von Denver. Morgen soll es Schneien, ich nehme mir eine halbe Stunde Zeit, um ein paar Impressionen einzufangen.

Die Taxifahrerin hatte am Samstagabend ziemlich Probleme damit, mich an der Kreuzung 22nd / Welton Street auszuladen, sei eine böse Gegend meinte Sie. Vor der Zimmertür meiner echt amerikanischen Unterkunft hängt ein schmiedeisernes Gitter. Im Haus des Hotels befindet sich ein Carunternehmen und sporadisch wartet eine Gruppe Mexikaner vor dem Eingang - die Zentralamerikaner scheinen derart rassistisch zu sein, dass ihnen eine Horde gewaltbereiter Jugendlicher oder eine Strasse voller Obdachloser mit langen Fingern weniger Bedenken gibt als eine friedliche Mexikanerfamilie. Hauptsache weisse Amerikaner, dann ist alles gut.

Aehnlich wie Frankfurt besteht das Zentrum aus einer Gruppe Hochhäuser, einige alte Kirchen aus der Goldgräberzeit sind übriggeblieben und in die moderne Architektur eingepfercht. Drumrum ist es amerikanisch, flach, endlose Strassen, zwielichtige Gestalten. In der 16th Street herrscht das Leben, im restlichen Downtown ist es mit Ausnahme von Kongressen und dem späten Morgen tot. Aus den Gullys leckt Dampf wie in New York, gleich neben der riesigen Bahnhofsbaustelle befindet sich eine grosse „Steam Factory“, welche die grossen Häuser beheizt. An jeder Ecke finden sich Parkplätze, wer kein Auto hat kann wenigstens Tram fahren.

Wie in anderen amerikanischen Budgetunterkünften ist das Handtuch mit dabei, Frühstück gibt es keines. Ich esse meinen Zmorgen in einem der unzähligen Starbucks. Mindestens zwei Dutzend sind mir schon begegnet, definitiv mehr als in der ganzen Schweiz.

Colorado gibt sich umweltbewusst, im ganzen Kongresszentrum stehen verschiedene Abfalleimer. Aehnlich zu Deutschland gibt es einen grossen Pott für rezyklierbares Material, der wohl von irgendjemandem sortiert werden muss. In den Kompost gehören faszinierenderweise selbst die Kaffeebecher, nicht aber deren Deckel. Der Restmüll wird Landfill genannt, mich gruselt es bei dem Wort - aber sie haben wohl noch genug Land, um es mit Müll zu füllen.

California Zephyr

Fotos aus dem Zugfenster enden erfahrungsgemäss in einer Katastrophe - ich lasse es tunlichst bleiben und fange die Bilder in mir ein. Mitten in einem kleinen Schneesturm bleibt der Zug eine knappe Stunde stehen und ich mache wenigstens ein paar Fotos für die Pufferknutscher zuhause. SO sieht ein amerikanischer Zug aus :-)

Mit dem Zug durch Amerika - im Juni war es einfach eine crazy idea. Jetzt ist es ein ganz grosses „Wow“, das Beste was ich in diesem Land je gemacht habe. Eine traumhafte Fahrt durch die unterschiedlichsten Gegenden von Amerika, Meer, Berge, Wüsten. Schafe mit Kringelhörner, Adler, wilde Truthähne. Grosse Städte, Wildwestdörfer, selbst eine Geisterstadt aus dem Goldrausch kommt vorbei. Ich bin umgeben von einer Menge ganz ähnlicher Spinner wie mich, wir verstehen uns prächtig. Das Essen ist gut, das Team im Zug bestens organisiert, mein Platz viermal so gross wie in einem CNL Sleeperette und ich schlafe herrlich.

Zum Abschluss der ersten Etappe einen Ausblick auf das nächtlich erleuchtete Denver hinab, darüber strahlt der Vollmond. Ich freue mich schon jetzt auf den „Rest“ meiner Zugreise!

Adrenalin

Der morgendliche Spiessrutenlauf durch das San Franciscoer Slum hat erfolgreich geklappt, die Fahrt mir der U-Bahn zu Embarcaredo auch, die Busfahrt über die Bay Bridge genauso. Ein echter Bähnler zeigte mir vor dem Ferry Building den richtigen Bus, der Fahrer schaffte trotz morgendlicher Rush Hour pünktlich anzukommen.

Ich habe ziemlich Bammel. Ein A4 Blatt mit einem Barcode, der Strecke und dem Hinweis auf einen Reserved Coach Seat. Ich müsse nicht einchecken, weiss auch nicht welchen Sitz der Meine sein soll. Ungewohnt. Muss ich vielleicht doch noch irgendetwas tun?!?

Schnell Entspannung. Sitzplatz ist Free Choice, unterwegs kommt der Conductor und hängt einen Zettel an die Gepäckablage. Ab diesem Augenblick ist mein Platz für mich reserviert, für die nächsten 35 Stunden kann ich mich entspannen und geniessen.

Aufträge

Bring mir einen Cable Car mit! und Mach mit ein Foto von der Transamerica Pyramid. hiessen die Aufträge, die ich an die amerikanische Westküste mitnahm.

Doch erst brauchte ich eine neue Jeans, meine aktuelle hat den 12-Stunden-Flug nicht überlebt und es zieht mir an den Arsch. Google meint da im Südwesten soll es einen Levis Shop geben und ich pilgere trotz Migräne die Market Street hoch bis zur Castro Street. Regenbogenfahnen schmücken die Strasse, die beiden stockschwulen Verkäufer bedienen mich vorzüglich.

Auf dem Rückweg klart das Wetter, ich traue mich mitten im Touriviertel die Kamera auszupacken. Drei Linien, Fünf Endstationen, ganz viele Kilometer. Das Nette dabei sind die vielen Eindrücke neben der Schiene, ich bekomme einen guten Einblick in das „alte“ San Francisco. Zum Schluss gehe ich bis zum Ende der California Street und lande im Finanzdistrikt der Stadt. Endlich mal einen Starbucks, bei dessen Betreten mich keine gierigen Augen begleiten…

Golden Gate

Ein langer Spaziergang unter der Kalifornischen Sonne. Ich gehe vom Ferry Building der Küste nach Richtung Nordwesten, blicke auf die immer näherkommende Golden Gate Bridge. Als ich endlich den Punkt erreiche, von dem ich das Foto machen will, wabert eine dicke Nebelsuppe vom Pazifik her und versteckt die Brücke. Immerhin, mal kein 0815 Postkartenbild ;-)

Faszinierenderweise habe ich dieses Mal nahezu kein Problem mit dem Jet Lag - dafür umso mehr mit dem Kulturschock. Die S-Bahn hatte mich nach der erfolgreichen aber langen Immigration im Civic Center ausgeladen und mein Weg durch die Larkin und Ellis Street führte durch eine ziemlich üble Gegend. Die Leute auf der Strasse sind sichtlich alle joblos, bei vielen ist ein Einkaufswägelchen mit ihren Habseligkeiten das Zuhause. Alle beäugen mich, schätzen meine finanziellen Verhältnisse ein, sprechen mich teilweise auch nach einem Quarter an. Auf der Strasse die glänzenden Autos mit den grossvolumigen Motoren, ein extremer Kontrast zwischen bettelarm und steinreich. Allen gemeinsam das grosse Misstrauen im Gesicht. Der erste freundliche Mensch in San Francisco ist der Amtrak Mitarbeiter, den ich kurz nach dem Check-In Verfahren für den Freitagmorgen frage.

Kein Ort, um mit einer fetten Kamera in der Hand rumzulaufen.

This city will drain you out meint ein Mitbewohner in der Unterkunft. Er hat lange hier gelebt, sass auch mal im Knast. Crystal Meth mache die Leute im Bankenviertel erst einmal reich, danach findet man sie auf der Strasse. First you win, then you loose… Er dürfte gar nicht so unrecht haben, sicher ein Drittel der hunderten von Strassenbewohnern spricht mit sich selbst, hat Koordinationschwierigkeiten, ist gezeichnet von Krankheiten, bis hin zu amputierten Gliedmassen.

Mir kommt der amerikanische General in den Sinn, der von Maurer im Rahmen der Wehrpflichtabschaffungsinitiative zitiert wurde. Wie soll ein Land eine freiwillige Armee aufstellen, in dem es keine Ghettos zum Rekrutieren gibt? Ist jetzt vielleicht eine Verschwörungstheorie - ist es im Willen der Amerikanischen Führer, ihre Armen möglichst arm zu lassen? Der starke Druck gegen Obamacare lässt mich solches vermuten.

Auf dem Heimweg mache ich noch einen Abstecher ins Cable Car Museum und verbringe eine spannende Stunde in der Geschichte von San Francisco. Die Bilder vom Erdbeben 1906 trage ich mit und überlege mir öfters, wie die Stadt wohl nach dem nächsten Big One aussehen wird. Wohl wie New Orleans. Die, die es sich leisten können, ziehen weg. Die, die nichts zu verlieren haben, genauso. Uebrig bleibt wohl eine Hand voller Leute und Löcher im Stadtbild…


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