Nach einer sternenklaren Nacht mache ich mich dick eingepackt auf den Weg ins Büro. Endspurt zwischen Amerika und Homeoffice - da müssen auch die Sonntage hinhalten.
Der Winter ist noch jung und motiviert mich zu ein paar Bildern von meinem Arbeitsweg. Bald werde ich genug vom Kalt und Weiss haben
Platz 35A, Fenster links, beinahe ganz hinten. Ich kann es problemlos verschmerzen, dass das Entertainment System kaputt ist und geniesse die Aussicht. Ein letzter Blick auf New York, über Neufundland gibt es Znacht, danach verlangt der Maitre de Cabine das Schliessen der Fensterabdeckung. Kurz darauf kommen wir in den Jetstream und ich schiebe verstohlen die Abdeckung wieder auf. Ein wunderbarer Sternenhimmel über Grönland, der Flügel wackelt meterweise und wir werden ordentlich geschüttelt - vielleicht kein Anblick für die vielen flugängstlichen Passagiere Ueber Irland gibt es Zmorgen, ich mache noch rasch ein Bild von der Morgenstimmung.
Zwei Wochen war ich jetzt unterwegs, bringe viele Eindrücke und Gedanken mit nach Hause. Die kleine Welt liegt da unten, erinnert mich an eine Petrischale. Wir bereisen sie innert weniger Tage, kommunizieren umspannend über Glas und Kupfer. Die wunderbaren Landschaften auf meinem Weg, die vielen interessanten Kontakte und Gespräche. Der Kampf um Geld und Macht, auf der Strasse zurückgelassene Menschen, die introvertierte Ignoranz der grossen Massen. Der allgegenwärtige Müll, welcher uns noch viel Aerger bringen wird. Wird ein paar Tage brauchen, das alles zu verdauen.
There is no locker in this city! Dann etwas freundlicher: You know, since 9/11 a lot of laws were invented… New York ist eine tolle Stadt, nur im falschen Land. Mit diesem Gedanken reduziere ich meinen Spaziergang auf ein Minimum.
Ein Besuch im weltgrössten Fotoladen muss trotzdem sein. Die haben freundlicherweise eine Gepäckaufgabe und ich kann unbeschwert rundumgehen und ein Souvenir für mich selbst erwerben *freu* Ich bin viel zu früh im JFK, kann dafür einen netten Sitzplatz buchen und den wunderbaren Sonnenuntergang geniessen.
Zu einer Massage im Xpress Spa am Gate mag ich mich nicht durchringen, die Masseurin guckt gerade stinkesauer in die Welt, während sie den Rücken eines Kunden durchknetet
Anderthalb Stunden Verspätung hat mein Zug bereits, das Zugpersonal ist ziemlich nervös. Auf dem Weg zum Bistrowagen sehe ich auch warum - Schneesturm in den Wagenübergängen
Ist ja nicht so, dass es in Amerika nie schneien würde, überrascht werden sie trotzdem. Interessant ist der Weg, den die Leute gegen das weisse Zeugs einschlagen: Anstatt den Spalt mit dicken Gummiwülsten abzudichten lassen sie eine Abteiltür offen und heizen ein Bisschen mehr.
Im Bistrowagen schlürfe ich einen Kaffee, bin bald vom Personal umgeben. It's all about money and power schimpft der eine Conductor zum Anderen über die aktuelle politische Lage. und ich freue mich darüber, dass es auch Einheimische gibt, die mit ihrem Staat nicht zufrieden sind.
Ein Tag im Zug. Aufstehen und Frühstück im California Zephyr, zu Bett im Lakeshore Limited. Die dreieinhalb Stunden Verspätung in Chicago vermiesen meine angedachte Stadtbesichtigung - vielleicht gar nicht so übel, es pfeift ein eisiger Wind mit rund 10° minus *brrr*
Die Union Station besteht aus einem altehrwürdigen Gebäude, ganz in einem ähnlichen Stil wie das Grand Central in New York. Unterirdisch kommt man zu dem eigentlichen Bahnhof, genauer zwei stirnseitig aneinanderliegende Sackbahnhöfe. Interessantes Design und noch viel interessanterer Geruch - alle Gleise sind überdeckt und die Diesellokomotiven tuckern permanent vor sich hin.
Vergeblich suche ich eine Dusche, selbst das Abendessen fällt vor allem kohlehydrathaltig und fettig aus (habe im Ohr meine angehende Ernährungsberaterin Nala *wink*). Ich muss nach 24 Stunden Reise schon ziemlich mitgenommen aussehen und das Mädchen (im Alter von Beni *wink*), neben das ich mich setze, guckt mich ziemlich erschreckt an.
Letzter Halbtag der Supercomputing Conference - gleich um Mittag beginnt der Abbruch, das Wifi verschwindet als Erstes. Draussen hat es wie versprochen geschneit und es bläst ein eisiger Wind. Warum nicht ins Museum?
Die Leute in der Turiinfo erinnern sich an mich (*öhm*…) und ich verbringe einen vergnüglichen und nachdenklichen Nachmittag im Art Museum von Denver. Die letzte Arbeit von Keith Haring, zwei Serien mit Fotos von Chuck Forsman, Bilder aus dem Wilden Westen Ende dem 19. Jahrhundert, eine grössere Sammlung indianischer Kunst. Gerade letzteres sehr lohnenswert, die Amerikaner haben eine viel näherere Sicht auf diese Geschichte und der Kontrast zum Zürcher Indianermuseum fasziniert mich. Nach einem Teller Nudeln mit Tofu (solidarisch mit Maja *wink*) das grosse Warten auf den Zug.