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Pavillon

Abendspaziergang nach einem langen Tag in einem kalten Serverraum, mein Weg führt durch das gründerzeitliche Engequartier. Vor mir taucht ein alter Pavillon auf, langsam am zerfallen, durch rostige Gitter verrammelt, in das sommerliche Abendlicht getaucht und ich kann nicht widerstehen.

Wikipedia verliert sogar ein Wort: Lediglich das frühere Schulhaus Bederstrasse und ein kleiner Pavillon am Parkring blieben bestehen. Das Gitter dürfte ein Ueberrest der Drogenszene um die Kanti Enge sein, der Park beim Schulhaus war (und ist?) ein berüchtigter Platz, den Zürcher gerne meiden.

Als gebürtiger Wiediker war die Enge ganz weit weg, die Spuren der Wettbewerbe um die schönste Kirche 1895, den schönsten Bahnhof 1925 und die grossen Unterschiede zwischen dem Bauerndorf und dem Villenquartier war noch immer präsent und wurde uns Kindern auch unterschwellig vermittelt. Ausser dem Fotolabor Stutz, dem alten Pusterla und dem Schulpsychologischen Dienst gab es nichts, was mich damals in diese Ecke der Stadt brachte. Mittlerweile mag ich das Quartier und ich hoffe schwer, in den nächsten Wochen auch mal genug Energie und Musse für einen ausgiebigen Fotospaziergang zu finden.

Sommer

Seit einer guten Woche ist es wieder einmal so richtig Sommer! .oO ( war definitiv eine gute Idee, den Tag in Obstalden zu verbringen… )

Ich trau dem Thermometer, es hat noch nie auf Sonneneinstrahlung reagiert. Zu ersten mal hat Beat über 40° ;-)

Ehrenfriedhof

Zusammen mit der Thingstätte entstand auch der Ehrenfriedhof, die letzte Ruhestätte der Gefallenen Heidelberger Soldaten.

Ob es eine Ehre war, vor 100 Jahren im Krieg zu sterben? Spätestens seit wir in der Schule Remarque lasen wissen wir, dass es ein schmutziger Tod war. Die Gedenkstätten sind wie alle Friedhöfe für die (Ueber-)Lebenden gemacht und nicht wirklich für die Toten - in diesem Fall zur Motivation, in einen erneuten Krieg zu ziehen. Und wie alle Grabfelder aus dem ersten Weltkrieg kommt langsam der Zerfall, nach vier Generationen ist der Bezug zu den Menschen, die hier liegen, verloren gegangen.

Einmal mehr zu lange im Serverraum, die feuchtschwüle Hitze in der Stadt mit 35° lässt ich Ausschau nach Wald und Höhe nehmen. Ich gehe am Bahnhof scharf rechts, die Lessingstrasse entlang. Unter der Brücke begegnet mir die unter Hälfte der Deutschen Schere - Obdachlose, die sich hier mit Matratzen, Decken und einem verbeulten Grill ihr Zuhause eingerichtet haben. Freundlich prostet mir einer in tiefstem badischen Dialekt zu, so ganz anders als auf der Bergstrasse sind die Menschen hier dem einsamen Wanderer freundlich gesinnt.

Etwas später über die Bahnbrücke, staunend betrachte ich die Inschrift MDCCCCX über dem Tunnel - der Bildhauer wollte wohl viele Buchstaben und und hat die Subtraktionsregel ignoriert. Es geht steil bergan, nach halbem Weg gibt es kein Trottoir mehr und ich versuche, trotz dem reichlichen Verkehr, zu überleben. Entsprechend lasse ich mir nicht allzuviel Zeit auf dem Berg, nehme die Stimmung auf und gehe bezeiten und mit einem Rest Sonne wieder runter. Beim Zusammenpacken der Kamera vor dem Eingang noch ein Geiler Rock von einer Punkfrau, die trotz Verbot ihren Hund auf dem Friedhofsgeläde ausführt.

Zweieinhalb Stunden, runde acht Kilometer - zufrieden verdrücke ich einen Burger und verziehe mich zu einer ruhigen und langen Nacht ins Bett.

Thingstätte

Vor 80 Jahren eröffnete Göbbels mit einer Rede vor 20'000 Anhängern die Thingstätte Heidelberg.

Irgendwie ein schräges Gefühl, an diesem Platz zu stehen - das düstere Bild passt.

Die Idee recht spontan, nach einem zu langen Tag im Serverraum sitze ich schwitzend am Neckarufer. Ich muss etwas Zeit totschlagen, bis die Sonne untergeht und ich weiterarbeiten kann. Wikipedia erzählt mir vom Ort, Osmand zeigt ihn mir, der DB Fahrplan weiss vom Bus, der nur Sonntags fährt. So nehme ich den Weg unter die Füsse - bis am Schluss dreieinhalb Stunden und 15 Kilometer.

Anstatt in den Philosophenweg abzuzweigen gehe ich die schier endlose Bergstrasse weiter, sehe die obere Klinge der offenen Schere von Deutschland - lauter grosse Häuser, fette Autos und schick gekleidete Menschen, welche recht skeptisch auf mich einsamen Wanderer gucken.

Am Ende der Strasse grob nach rechts, bald im Wald, den Heiligenberg hoch. Kurz vor dem Ende des Weges gucke ich in das Heidenloch, auf den Aussichtsturm und die Klosterruine. Mir bleibt nicht allzuviel Zeit, will ich doch vor Sonnenuntergang wieder in belebten Gegenden sein. So gibt es ein gutes Dutzend Fotos von der Thingstätte (deren Namen ich nach wie vor nicht auszusprechen weiss und mich auch nicht zu fragen getraue) und ich packe zügig den Weg zurück.

Philosophenweg

Manche Projekte dauern etwas länger: Schon bei meinen früheren Besuchen in Heidelberg sah ich auf den Karten den Philosophenweg - gleich gegenüber der Altstadt am anderen Ufer des Neckars gelegen. Einmal schaffte ich es auch bis dahin vorzustossen und fasste den Entschluss, ihn bei Tageslicht zu begehen.

Glücklich dem Serverraum entronnen nehme ich mir die Zeit für einen Fotospaziergang, dem ersten seit zweieinhalb Monaten. Zwei, drei Turifotos müssen sein, den Rest dazwischen fülle ich mit skurrilen und bemerkenswerten Dingen auf dem Weg.

Handyfoto

Sonntagabend, ich bin am Vortag meines Einsatzes angereist, um sicher pünktlich zu sein. Das Wetter ist nicht berauschend, dennoch wage ich mich nach einem Burger auf einen längeren Spaziergang - ohne die dicke Kamera, noch weiss ich nicht, wie mich die Stadt und ihre Einwohner erwarten.

Acht Jahre sind es her, dass ich das letzte Mal in Heidelberg war und an derselben Stelle schon einmal ein Handyfoto gemacht habe:

(Archivbild)

Eine lange Zeit, in der viel passiert ist. Nicht nur mein Handy hat heute eine bessere Kamera, auch ich selbst fühle mich sicherer auf meinem Gang durch die Stadt, bei meiner Arbeit im Serverraum. Ich bin älter geworden und das ist gut so.


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