Nach einem geschäftlichen Morgen geniesse ich den freien Nachmittag und ziehe mit Kamera durch Chemnitz. So strahlend die Sonne auf den Bildern scheint, der eisige Wind bläst mir tief in die Knochen.
Als erstes hatte mich am frühen Morgen der Bahnhof fasziniert - eine riesige Halle, ganz ähnlicher Stil wie der Hauptbahnhof in München. Die Unterschiede sind dezent wie die beiden Ueberwachungskabinen an beiden Enden oder auch sehr offensichtlich wie die fehlenden Züge und Menschenmassen. Aktuell wird umgebaut, die Strassenbahn kommt in die Halle. Chemnitz ist bettelarm, die Bahn erschliesst die Stadt nur noch mit Regionalzügen.
Mein weiterer Weg führt an den wenigen, aber gepflegten Touristenattraktionen vorbei zum Schlossteich. Eine wundervolle Oase, noch grüner als die Stadt selbst. Ein paar Strassenzüge sehen noch so aus, wie ich die DDR kurz nach der Wende in Erinnerung habe - alternde Fertigbauten und grosses Kopfsteinpflaster. Müde und durchgefroren suche ich den Weg zu meiner Unterkunft, stolpere unerwartet über sozialistische Kunst.
Am Abend bin ich ohne Kamera unterwegs, versuche etwas Futter zu ergattern. Der Begriff strukturschwache Region bekommt eine andere Farbe. Ich sehe viele Häuser, aus denen kein Licht mehr kommt, versuche vergebens ein örtliches Restaurant bzw. einen bedienten Tisch zu bekommen. Im streng bewachten Bahnhof finde ich einen schnellen Burger - nicht ganz das, was ich mir vorgestellt habe, aber wenigstens genug Kalorien für die Nacht. Auf dem Weg zurück die andere Erkenntnis: So arm die Stadt auch ist, so sauber ist sie. Der Bahnhof, die Strassen, die Pärke - alles sauber, kein Müll, keine Schmierereien.