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Brennweite

Als ich noch jung war lagen auf meinem Nachttisch ein Stapel Kameraprospekte, in denen jeweils eine Bilderserie mit den vom jeweiligen Hersteller verfügbaren Brennweiten abgebildet war. Meine letzte Neuanschaffung ist Motivation genug, selbst einmal eine solche Serie zusammenzubauen.

St. Peter, Limmatquai und Schipfe erscheinen mir geeignete Subjekte, ich schleppe mein schweres Holzstativ auf die Rudolf-Brun Brücke und erschrecke einen Haufen Turies ;-)

500mmGilt als starkes Tele und wird heutzutage meist als big white zu unglaublich hohen Preisen gehandelt. Ja, diese Linsen sind toll, aber auch unglaublich teuer - mit gewissen Qualitätsabstrichen hilft aber auch mein koreanisches Spiegelobjektiv.
210mmDas obere Ende der holy trinity (16-35, 24-70, 70-200, alle mit einer Ausgangsöffnung von 2.8), gilt schon seit über 50 Jahren als langes Tele.
180mmEIn Zwischending, ist sporadisch als Festbrennweite zu sehen.
150mmAuch so ein Zwischending.
135mmWohl seit 100 Jahren das klassische Tele, das in keiner Fototasche fehlen darf.
105mmDas obere Ende meiner Standardlinse (4.0/24-105), gerne auch als Portrait-, Markro- oder Lichtmonster gebaut.
85mmGilt als die perfekte Portraitbrennweite und ich kann das nach vielen Experimenten nur bestätigen. Genug lange, dass Gesichter nicht verzogen werden, genug Bildwinkel, um auch mehr als nur ein Gesicht einzufangen.
70mmDas obere Ende der Standardzooms (35-70, 28-70, 24-70).
50mmSeit Oskar Barnack's Leica die Standardbrennweite von 35mm Kameras. Ich empfinde das 50er als genauso langweilig wie unverzichtbar und nehme sporadisch mein Joghurtbecher bzw. nifty fifty (1.8/50) hervor.
40mmRechnerisch näher an der Bilddiagonale des 35mm Bildes (sqrt(24^2+36^2)=42.3mm) und ohne grossen konstruktiven Aufwand als Pancake konstruierbar.
35mmDas untere Ende früherer Standardzooms (35-70, 35-105), die Standardbrennweite aller Klickomaten in den 70ern und 80ern. Die Chance ist gross, dass die Leser hier als Baby mit einem 35er abgebildet wurden.
28mmSo langsam wird es weitwinklig. Wer früher Geld hatte, wählte ein 28er statt eines 35ers.
24mmHeftier Weitwinkel in den 80ern, heutzutage das untere Ende der Standardzooms (24-70, 24-105). Noch immer heftig, aber beherrschbar.
20mmZwischending zwischen 24er und 16er, sporadisch als Festbrennweite produziert.
16mmDie untere technische Limite in den 80ern. Damals recht grottig (und teuer) oder fantastisch (und noch viel teuerer). Ich erinnere mich an einen Tag, an dem mein Mitstift es als Portraitlinse benutzte und hübschen Verkäuferinnen nachstellte.
12mmSeit der kompletten Ueberarbeitung der Objektivkonstruktionen dank RHOS gibt es ein langsames, aber stetiges Rennen „nach unten“. Die 12mm waren Limite bis 2015, aktuell findet sich wenigstens ein 10mm.
12mmAuch ein 12mm, aber mit Fisheye- statt Rectilineraer Projektion. Geraden werden „verbogen“, dafür bleiben die Grössenverhältnisse zum Rand bestehen.

Die Brennweiten passen auf 35mm Kleinbildfilm bzw. Digiknipsen mit Vollformatsensor - für APS-C muss je nach Hersteller die Brennweite durch 1.6 (z.B. Canon) oder 1.5 (Nikon) gerechnet werden, andere Sensorformate haben jeweils ihren eigenen Cropfaktor. Ein 50er ist damit auf einer APS-C Kamera ein 80er und damit das perfekte Portraitobjektiv.

Das Kleinbildformat mit dem Grössenverhältnis von 2 zu 3 galt lange Zeit als „Handtuch“ (gut haben die früheren Fotografen nichts von 16 zu 9 gewusst) verglichen mit dem üblichen 4 zu 5 oder gar dem Quadrat. Daher wählten sie eher etwas längere Brennweiten, um den zentralen Bereich eines solchen Bildes in derselben Perspektive abzubilden, die wir als „normal“ empfinden. Daher wurde wohl das 50er zum Standardobjektiv, auch wenn das 40er eher der Bilddiagonale entspricht.

Nebst dem „Normalen“, welches wir mit dem 50er abbilden und dem „mehr“ bei Weitwinkelobjektiven und „näher“ bei Teleobjektiven gibt es auch grundlegende konstruktive Unterschiede bei den entsprechenden Linsen. Ich empfehle einen Blick in die Lens Genealogy Part 1 und Lens Genealogy Part 2 von Roger Cicala, seine History of Photography ist ein wundervoller und lehrreicher Zeitvertrieb für lange Abende :-)

Nürnberg

Ein Projekt, dass ich im November angepackt habe, neigt sich dem Ende zu, ich bin vielleicht das letzte mal in Nürnberg. Diese Tatsache lässt mich „mich selbst in den Arsch treten“ und einen Fotospaziergang machen - die letzten derartigen waren vor mehr als drei Jahren :-O

Das „richtige“ Nürnberg besteht vor allem aus einer wiederaufgebauten Altstadt - meines ist da ein bisschen anders :-) Es gibt viele breite Strassen, östlich der Altstadt ziemlich amerikanisches Flair aus grossen Würfelbauten mit Blick auf den verbauten See. Südlich der Bahn liegt der Balkan, zwischen den Häusern aus der Gründerzeit hört man höchstens bruchstückhaft Deutsch - zwei mal habe ich in der Gegend übernachtet und es fühlte sich ähnlich an wie im Langstrassenquartier.

An allen Eckend und Enden hat es Löcher in den Häuserzeilen. Machmal wurde ein unpassendes Haus hineingestellt, manchmal ein Park oder Sportplatz gestaltet, manchmal sind es auch jetzt noch Brachen. Ich kenne keine andere Stadt, in der die Spuren des nun doch schon über 60 Jahre beendeten Krieges noch immer so eindrücklich sichtbar sind.

Wie jeder Bahnhof hat auch Nürnberg Hbf eine Vorder- und Hinterseite, die sich sowohl architektonisch, als auch von den Menschen unterscheidet, die da jeweils herumlungern. Hier ist es besonders deutlich: Gegen die Altstadt ein grosses Gebäude mit imposanter Architektur, die Rückseite (gegen den „Balkan“) besitzt eine einzelne Tür, die mitten in die Baustelle des zukünftigen Nelson Mandela Platzes führt. Dazwischen gibt es drei Tunnels unter den Geleisen, jedoch führt nur einer ins Freie. Ja, ich habe alle probiert.

Astronomie

Es ist kurz nach sechs *gähn* Frisch geduscht mache ich mich bereit, in meiner Unterkunft in Ingolstadt ein rasches Zmorgen zu mir zu nehmen. Der untergehende Mond linst durch das offene Fenster und ich packe den Blick über die Dächer ein.

Hinter mir liegt die zweite durchzogene Nacht in Serie, ich schiebe das schlechte Schlafen auf das himmelsmechanische Zusammentreffen von Vollmond und Tagnachtgleiche - OK, vielleicht ist es ja auch der Stress dieser Tage und der Umstand, dass ich in Nürnberg dank der Farb- und Lackmesse kein Zimmer fand…

Unboxing

Etwas spät und umso heisser erwartet kann ich mein Geburtstagsgeschenk an mich selbst auspacken.

Dieses mal begleiten mich ambivalente Gefühle beim Auspacken: Einerseits freue ich mich riesig - andererseits weiss ich auch, dass ich jetzt all die Dinge habe, die ich mir vor 35 Jahren gerne in die Fototasche gepackt hätte. Alles, was jetzt kommt, ist Ersatz und nicht mehr Ergänzung meines Fotokrempels. Aber ja, gross sein hat seine Vorteile, man kann sich Sachen kaufen, für die das Sackgeld eines 13-jährigen nicht reichten ;-)

Frühling

Die Blumen spriessen, meine Nase juckt, mein Körper will zurück in den Winterschlaf. Der letztjährige Sommer ist nicht totzukriegen und drängt sich wieder hervor. Es ist Frühling an allen Ecken und Enden.

Ich muss mir dabei immer wieder sagen, dass es erst Februar ist…

Menschen unterwegs

Was fotografiesert Du so? ist eine der häufigste Fragen, die ich höre. Und eine, die mir selbst erstaunlich Mühe macht, zu beantworten :-) Auch wenn es etwas ruhiger wurde, so ist das Einfangen von Eindrücken unterwegs wohl meine grösste Motivation. Begriffe wie Dokumentaitonsfotografie oder Streetphotography möchte ich dabei vermeiden, viel zu unsortiert und wenig zielgerichtet sind dabei meine Fotostrecken - ich packe einfach ein, was mich beschäftigt, erfreut oder nachdenklich stimmt.

Meist sind solche Bilder ohne Menschen. Ich habe erstaunlich Mühe damit, Menschen ins Gesicht zu fotografieren, ohne zuvor mit ihnen eine klare Abmachung zu haben.

Wenn ich in mein Archiv gucke, so gibt es genau eine Reise, an der ich tagsüber und abends erstaunlich viele Menschen in meine Bilder eingebaut habe. Was war damals anders? Vielleicht die 3500 Meilen Entfernung von meinem Zuhause? Oder die kleine Kamera, mit der ich 2010 unterwegs war? Oder ganz einfach „jugendliche Naivität“? Ich weiss es nicht genau und kann aufgrund der Gefühle, an die ich mich erinnern mag, irgendwie auf all diese Punkte zeigen.

Aber ja, wenn es draussen kalt und gruselig ist, stöbere ich nicht nur in meinem Archiv, sondern lese auch fleissig ;-) Ueber Klimawandel, Dust Bowl und die grosse Depression bin ich neulich auf ein Bild gestossen, dass Dorothea Lange 1936 von Florence Owens Thompson geschossen hat. Die unterschiedliche Beschreibung über die Entstehungsgeschichte hat mich fasziniert: Da ist einerseits die Fotografin, die ein Bild gemacht hat, das die Welt bewegte, aber auch das Modell, welches in einer gewissen Weise überrumpelt und letztendlich in seiner Integrität verletzt wurde.

An besagtem Tag in New York machte ich ein Bild eines Obdachlosen. Wir plauderten ein wenig, ich drückte im $10 in die Hand, wir machten zwei, drei Fotos - bis heute habe ich ein ungutes Gefühl, wenn ich an diese Bilder zurückdenke. Irgendwie begleitet mich immer der Eindruck, meine Position in der Lebensleiter über ihm missbraucht zu haben.

Draussen vor meiner Stadtwohnung wabert das Leben, seit meinem Umzug vor einem guten Jahr bin ich noch tiefer in den Kreis 4 gerutscht. Es hat schräge Menschen zuhauf, alltägliche Geschichten in „meinem“ Quartier sind definitiv nicht alltäglich. Da wurmt es mich manchmal schon, so viel Hemmungen zu haben, meine Kamera auszupacken.

Vielleicht bietet die diesjährige Streetparade wieder eine Möglichkeit zum Trainieren? Zum Ausloten, wo spontane Bilder von Menschen OK sind und wo nicht? Ich habe die eine oder andere vergangenen dazu benutzt - spätestens dann, wenn sich die ausgesuchten Modelle in Pose werfen, ist es alles OK. Auf jeden Fall steht der Termin schon einmal in meiner Agenda…


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