Ein Sonntag ohne Verpflichtungen, draussen ist es zwar Scheisskälte, aber zumindest sonnig. Ich kombiniere zwei Ideen, mache Photographie (mit „ph“ weil mit Film) und ziehe zum Schlachtendenkmal. Exakt beim Auftauchen des Schnees mag ich noch ein Tram entern und verbringe den Abend mit fröhlichem Planschen im improvisierten Labor.
In meinem Geschichtsunterricht wurde vieles ausgeblendet, die Zusammenfassung der Schulbücher lautete die Schweiz war nie von einer fremden Macht besetzt. Klassische Geschichtsfälschung im Rahmen des kalten Krieges, unser Wehrwillen sollte wohl gefördert werden - entsprechend verstand ich nie, weshalb im Landesmuseum französische Uniformen ausgestellt waren.
Mittlerweile haben wir alternative Facts zur Verfügung, Wikipedia erzählt von der der ersten und zweiten Schlacht um Zürich. Napoleons Truppen metzelten 1799 auf heutigem Stadtgebiet gegen die Oesterreicher und Russen, um daraufhin per Dekret den Grundstein des 1848 gegründeten Bundesstaats zu legen.
Logistik in Kriegen war damals - wohl in Ermangelung geeigneter Transportmittel - der jeweiligen lokalen Bevölkerung auferlegt. Die Napoleonischen Kriege sind noch in so mancher Erinnerung, die Bündner erfanden Capuns, die Urner bekamen von den Russen ein monumentales Suworow Denkmal, die Zürcher schrieben hundert Jahre später:
Was unsere Stadt vor Hundert Jahren litt,
Als hier der Fremde mit dem Fremdling stritt,
Als durch den stillen Wald Geschosse knallten,
Die Feuersäulen zuckten, Fahnen wallten,
Der Vater sagt's dem Sohn und dieser dann
Ermahnt den Enkel: Knabe werde Mann!
Ob jene alten Wunden auch vernarbten
Vergiss es nicht, wie unsere Mütter darbten;
Der Feinde Heer verschlang der Kinder Brot,
Gross war der Jammer, übergross die Not!
Soll nimmer solches Leid die Stadt erfahren,
So muss das Kommende Geschlecht sich scharen,
Es halte Wacht und halte Blank die Wehr,
Zu schützen Schweizergrenzen, Schweizer-Ehr!
Vierzig Jahre später rechnete unser Stratege mit einem ähnlichen Frontverlauf und befestigte die Stadt, sehr zum Misstrauen der örtlichen Bevölkerung, für welche es widersprüchliche Aussagen über einen Evakierungsplan gibt. Dann überschlugen sich die Ereignisse, schnell war das Reduit neue Strategie und sollte es bis in die 90er bleiben. Das Denkmal auf dem Züriberg geriet in Vergessenheit (bzw. wurde aktiv verdrängt weil nicht passend zur Geschichte, die erzählt werden wollte) und erst lange nach der Wende wieder ausgebuddelt.