Die streikenden Frauen sind abgezogen und haben die Stadt den Regenbogenleuten überlassen. Während ich die Reden auf dem Helvetiaplatz am chaotischen Freitag mehr zwangsweise durch meine Ohrenpfropfen verfolgen musste, stürze ich mich an diesem Tag ins Getümmel und geniesse die wundervoll friedliche Stimmung unter diesen so unglaublich schrägen Leuten.
Das Organisationskomitee unternimmt alles, um der Veranstaltung das Politische nicht nehmen zu lassen. Unsere Stadtmutter hat uns die Bahnhofstrasse, einen Teil des Paradeplatzes und die Sächsilüütewiese Platz gegeben, die grossen Niederlassungen amerikanischer Firmen in Zürich und die diesem Stil folgenden lokalen Grosskonzerne haben viel Sponsoringgelder fliessen lassen - eine Kommerzialisierung, die den Sprecherinnen ganz und gar nicht gefällt.
Kaum ein Wort findet der Aspekt dieses Tages, der mir selbst besonders wichtig ist: Den Leuten, die sich unsicher in ihrem Weg fühlen, einen Ort und eine Zeit zu geben, wo sie ganz sich selbst sein können. Wo sie ihren Weg abtasten können und dabei nicht auf die gesellschaftlichen Schranken und die Ablehnung stossen, die im täglichen Leben immer wieder auftreten. Du bist richtig ist der Satz, der mir den ganzen Tag im Kopf herumschwirrt, wenn ich Menschen beobachte: Viele junge Mädchen, die zu zweit unterwegs sind; die beiden Rentner, sicher jenseits der siebzig, Hand in Hand; das Mädchen mit Zopf und Rock, das verschupft auf einer Mauer sitzt und heute wohl den einen Tag geniesst, an dem sie nicht mit ihren Biogeschlecht unterwegs sein muss; kleine Grüppchen, Männlein und Weiblein wild gemischt, allesamt Händchenhaltend; all die Menschen zwischen Mann und Frau, die sich auf der Gegenseite oder dem Grenzbereich dazwischen bewegen.
Es ist immer wieder ein grosses Erlebnis, mitten unter diesen Menschen zu sein und an diesen Erlebnissen teilhaben zu dürfen.