Auffahrtsdonnerstag. Die Sonne scheint, ich schaffe es trotz einem Arsch voll Arbeit mich zu lösen und nicht ins Büro zu pilgern. Nehme eine alte Idee hervor und reise nach Bolligen, welches vor über 8 Jahren zu einem Geisterbahnhof mutierte.
Schon wenige Jahre nach der Eröffnung der Linie Uster - Rapperswil - Uznach - Weesen - Glarus und Chur, damals eine Verbindung grosser wirtschaftlichen Zentren der Schweiz, wurde der Bahnhof Bolligen vom Dorfkern und seinen Steinbrüchen an die Ausweichstelle der neu eröffneten Strecke durch den Ricken verlegt. Mit der Optimierung Anfangs der Jahrtausendwende gab die SBB die Haltestelle vollends auf. Heute ist der ehemalige Bahnhof ein Wohnhaus, einzig ein paar Wanderer machen Rast auf dem Bänklein. Das Dorf selbst ist mehr als zwei Kilometer zu Fuss entfernt, kein Bus bedient den ehemaligen Bahnhof. Es bleibt dem Besucher nichts anderes übrig, als von Schmerikon nach Rapperswil zu wandern und sich unterwegs einen roten Kopf zu holen.
Auf dem Weg finden sich viele Details. Spiegel in denen man einen Beat sieht, Tips zum Ueberleben von Bahnübergängen, ein vergessener Wanderschuh, ein Boot von Falco oder eine kleine Kapelle des Klosters Wurmsbach. Früher war alles besser: Mann besiegte einen Drachen und bekam die Liebe der barfüssigen Prinzessin. Das Motiv des getöteten Drachen findet sich auch an der Kirche von Uznach wieder.
Im ehemaligen Stellwerk, das von den Bewohnern zum Gewächshaus verwandelt wurde, stehen noch Reste der mechanischen Fernbedienung der Weichen und Signale. Der Bahnhof selbst ist komplett erhalten, inklusive Perrons, Beschriftung und Sicherheitslinien. Ein Abbruch wohl viel zu teuer, die Option Züge anzuhalten ist offen gehalten.
Eine letzte Brücke in Stahlbauweise. Das eine Ende steht auf Rollen, die Brücke kann sich je nach Temperatur ausdehnen oder zusammenziehen. Vielleicht ein Bild für unseren Konstrukteur zuhause?
Kurz vor Rapperswil steht mit der Blumenau die jüngste Station an der Stecke. Ein paar hässliche 60er Jahr Bauten, ein Signal aus der Zeit vor den elektrischen Stellwerken steht zur Dekoration da. Die letzten Meter bis Rappi ziehen sich endlos, vorbei an Stacheldrahtverhau, der die Eishockey Fans aus dem Lido vor dem Randalieren auf den abgestellten Zügen trennt. Ein Handschuh ist aus der letzten Saison übriggeblieben.
Zum Schluss einen Blick auf das Gleisfeld von Rapperswil. Aehnlich gross ist Mühldorf, in dem ich vor einer knappen Woche umstieg und welches im Gegensatz zu unseren Bahnhöfen keine Drähte kennt.
Wunderschöne Fotos und ein netter Bericht, erst Recht, wenn sich zwei meiner Top-Themen kreuzen (Eisenbahn + die Schweiz)! Bin zufällig hier gelandet und hatte eine kurzweilige Pause. Danke und viele Grüße aus Berlin Thomas