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Wohnung

Ein Tag voller Gefühlswechselbäder. Etwas Bammel am Nachmittag, ich kremple mein Leben gerade mal ein bisschen um. Chaos im Büro. Freude über das zweit-Zuhause mitten in Zürich. Abschied von einem Meerschweinchen.

Am Donnerstag ist es ein Jahr, dass ich auf der Suche bin, seit Anfangs Jahr intensiv. 21 Wohnungen angegangen, viel Lug und Betrug gesehen, auf den Rest beworben. Vier anonyme Absagen, drei mal am Telefon angefickt, der Rest schwarze Löcher. Wohnraum in Zürich zu suchen ist definitiv pain in the ass, wenigstens bringt es einen durch die unterschiedlichsten Ecken der Stadt. Dann ging es plötzlich schnell, vor genau einer Woche besichtigt, heute den Schlüssel bekommen. Jetzt fehlt noch ein bisschen Einrichtung, zwei Bananenschachteln warten bereits von meinem letzten Abstecher.

Spannend, meine Vormieterin zieht an den Walensee, wenige Minuten von Obstalden. Und nicht lange her machte ich Bilder vom Innenhof dieses Hauses. Die Welt ist machmal furchtbar klein…

Abstrakt

Für einmal keine Aussicht aus dem Zug, draussen ist Fastnacht und die Testosteronjunkies sind abends mit viel zu viel Sprit im Blut unterwegs. Ich bin überzeugt davon, dass Herr SBB meine Freude an den abstrakten Farbbildern kaum teilen wird.

Genauso fasziniert mich an diesem frühlingshaften Februartag das Wolkenspiel am Himmel. Meist ist „Himmel“ ja nur Beigemüse von Fotos, entsprechend schräg gucken mich die vielen Fussgänger auch an, wie ich da die Kamera in die Luft richte.

Viele Fragen fliegen mir durch den Kopf. Ob eines dieser Bilder mal wieder Hintergrund für eine grosse Schnippelei in Gimp wird? Ob ich jemals ins Archiv greife und eines dieser Bilder als Hintergrund für eine Präsentation über Cloud Computing nutze? Oder einem Verkäufer um die Ohren werfe, der mal wieder das Blaue vom Himmel verkauft? Ob ich mal einen Platz da bekomme?

All-Saints

Mein abendlicher Spiessrutenlauf von der Old Thorn Barn zum Bird in Hand. Ich bin in der tiefsten Pampas von Norfolk und alle interessanten Orte sind für mich als Fussgänger unerreichbar. Noch nie eine derart automobile Gegend erlebt - die Strassen sind eng und ohne Trottoir, Fusswege generell privat und abgesperrt, jeder Brite ein kleiner Rennfahrer. Dazu stürmt und regnet es wie die Sau, heute Abend ist es für einmal etwas besser und ich kann zwischen zwei Regenschauern schnell zwei Blicke einpacken.

Geisterschloss? Nein, eine englische Kirche im Vollmond :-) Kaum zu erkennen im Dunkeln die Genuesische Englische Flagge auf dem Turm. England hat eine lange Geschichte und sie taucht an jeder Ecke auf.

Und mein alltäglicher Blick in die Landschaft:

So unfreundlich die Landschaft und das Wetter, so umgänglich sind die Menschen. Selbst der Bauer, der mich von seinem Land verscheucht, plaudert freundlich und nicht knurrig wie die typischen Kontinentaleuropäer. Die Menschen kümmern sich um mein Wohl, plaudern gerne eine Minute oder zwei. Mein Zimmer ist bis ins kleinste Detail liebevoll eingerichtet, die Frühstücksauswahl ist grösser als die Karte in manchem Restaurant. Kira, Jill, Lizzie und Kelly im nahen Pub begrüssen mich mit strahlendem Lächeln, das Essen - nicht sonderlich günstig, aber hey, ich habe keine Alternative - überraschend schmackhaft.

Trotz allem - ich bin froh, auf meinem Heimweg wieder etwas Stadtluft in London, Paris und Zürich zu schnuppern. Ich bin definitiv kein Landmensch, das wurde mir in den drei Tagen einmal mehr bewusst.

Sturm

Noch nie so ein Dreckswetter erlebt! Sturmböen mit vielleicht 60-70km/h, der Regen peitscht mir ins Gesicht. Ich missbrauche den Badetuchwärmer und den Kleiderschrank zum Trocknen meiner Kleider, Portemonnaie und Krimskrams liegen verstreut auf dem Tisch. Selbst der Pass und das Handy triefen - ohne die bin ich verloren. Und wenn ich die Kamera schon davor habe, noch ein Bild von einem Englischen Brünneli: Heiss- und Kaltwasser getrennt, etwas was selbst Churchill nach seinem Besuch auf der Krim nicht mehr verstand :-)

Während ich kurz zuvor einen Berg Fisch verdrückt habe, plaudern Mutter, Grossmutter und Grossvater mit Tochter. Sie ist vielleicht 15 und träumt wie viele Mädchen in ihrem Alter von einer Karriere als Model. Die Erwachsenen erzählen vom „Modelleben“, wie sie es sich vorstellen. Wie man den Anweisungen des Fotografen folgen solle. Arm ein bisschen höher, Kopf ein bisschen tiefer.

Auch wenn ich kein professioneller Fotograf bin, so durfte ich schon erleben, was ein Model ausmacht. It's magic, anders kann ich es nicht beschreiben. Ich richte die Kamera auf den Menschen vor mir, er (oder sie) verwandelt sich, guckt selbstbewusst in die Kamera, bewegt sich kontrolliert und von alleine. Ein bisschen wie Theater, ein Bisschen wie Tanzen. Vielleicht hier und da eine Idee, eine kleine Korrektur, damit die „bösen Stellen“ nicht allzusehr zum Vorschein kommen, das Licht keine üblen Schlagschatten erzeugt.

Das Mädchen ist, wie viele Teenies, noch etwas stacksig, bewegt sich ruckartig und noch wenig kontrolliert. Sie ist noch nicht richtig in ihrem Körper zuhause, der sich gerade eben vom Kind in einen Erwachsenen verwandelt. Ich glaube kaum, dass der französische Fotograf für die Probebilder nächste Woche Freude an ihr haben wird - und bin irgendwie froh, meine Gedanken für mich behalten zu haben. Die Enttäuschung wird gross sein, wenn ein weiterer Traum zerbricht…

Arbeitsweg

Bevor ich Pendenzen beseiteschaufle nehme ich mir Zeit für ein paar Impressionen aus einem verrückten Winter. Pfützen, Blumen, ein Himmel wie von Hodler gemalt. Ein geopfertes Maisfeld, frühlingshaftes Licht über dem trockenen Land. Eine Werbung für italienische Bodylotion und ein Photoshop Desaster von Herrn SBB - wer findet den Fehler?

Nächste Woche geht es an den Genfersee und nach Norwich - das Portemonnaie und ein Bündel Tickets liegen bereit. Wann habe ich das letzt Mal drei Währungen dabei gehabt? *kopfkratz*

Geekstuff


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