Seit den frühen Morgenstunden hat Zürich einen Geisterbahnhof. Die Geleise sind gekappt um die Einfahrt in den neuen Bahnhof Löwenstrasse zu ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Orten soll er raschmöglichst verschwinden und in sechs Jahren auf seinem Grund das letzte Gebäude der Europaallee bezogen werden.
Für die einen war das Provisorium ein grosses Aergernis, für mich oft der Ort für eine kleine Pause auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Viele Erinnerungen hängen unter diesem Dach, einige hübsche Bilder sind hier entstanden.
Etwas frische Luft nach einem kalten Serverraum. Vor mir fliesst langsam der Rhein, am gegenüberliegenden Ufer fahren Züge, Autos und Lastwagen. Ich sehe sie beinahe zum Greifen nah und komme nicht hin - die nächste Brücke ist irgendwo weit links in Koblenz und noch weiter rechts in Mainz.
Brücken schlagen - gerade die letzten Tage hatte ich einen Mailaustausch zu dem Thema. Vor anderthalb Jahren durfte ich erleben, wie ich mit meiner Kamera eine Brücke zu Menschen schlagen konnte. Sie sah das Aeussere, ich durfte tief ins Innere blicken. Nebst Sprache und Berührung ist das Fotografieren ein dritter Weg geworden, mich Menschen zu nähern und sie kennenzulernen - ein faszinierender Weg, den ich enorm schätzen lernte.
In einer Woche darf ich mit meiner Kamera wieder solche Brücken bauen und ich freue mich riesig!
Ein Abend in Spay. Die Sonne brennt auf den ehemaligen Treidelweg und lässt erahnen, welchen Krampf früher das Ziehen der Schiffe flussaufwärts sein musste.
Schon der Gedanke treibt den Schweiss, der Temperaturunterschied der letzten Tage lässt meinen Blutdruck Purzelbäume schlagen. So halte ich es für eine gute Idee, mich wenigen Dingen zuzuwenden und diesen viel Zeit zu spendieren.
Spontane Portraitsession mit meinen vier kleinen Mitbewohnern.
Zugegeben, ist irgendwie schon fies, beim Essen zu fotografieren. Ich gab mir daher auch wirklich Mühe, möglichst ästhetische Bilder in die finale Auswahl zu nehmen
Homeoffice. In den Nachrichten zu meinem ersten Kaffee kommen Berichte über die 70-Jahr Feiern der Landung in der Normandie und erinnern mich daran, dass mein Vater heute seinen 70. Geburtstag feiern würde. Ich kümmere mich in Obstalden um das Wohlergehen der Meerschweinchen und versuche mich in meinem Job, Computer schnell zu machen.
Nach elf erfolglosen Stunden gebe ich auf, auch wenn der Tag mehrfach viel Glück im Wiederbeleben von Computern mit kaputter Firmware gezeigt hat. Wäre vielleicht doch gerade der richtige Moment, meiner Kamera neue Firmware zu spendieren? Ihre Garantie ist ausgelaufen, ich habe keinen Hinderungsgrund mehr Magic Lantern zu installieren. Nach einer Runde Screenshots, für den Fall, dass ich meine Einstellungen neu setzen muss, bin ich mutig und lass das Update laufen.
Ich verspreche mir einiges vom Peak Focus in der Benutzung des 500mm Spiegels und das Resultat ist schon ganz brauchbar. Links durch den Sucher, rechts mit Unterstützung scharfgestellt - damit gehe ich demnächst mal in den Zoo:
Aber da war noch etwas anderes. Dual ISO. Verschiedene Empfindlichkeiten auf dem Sensor, um den Kontrastumfang zu erweitern. Wenn es schon installiert ist, probiere ich es auch gleich aus und bin begeistert:
Das sind gemäss Logfile knappe 14 Blenden, drei mehr als die „normalen“ 11:
Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, eine neue Kamera in den Händen zu halten
Abends auf dem Weg nach Obstalden. Herr SBB hat Puff nach einem Erdrutsch zwischen Fribourg und Bern, ich muss mehr als eine Stunde am HB warten. Mich erwartet einen Sprinter - vermutlich ist es meine letzte Fahrt mit ihm:
Vor 10 Jahren sei der Glarner Sprinter eingeführt worden, so erzählt uns Wikipedia. Ich hatte nicht viel später meinen Testdrive mit ihm, Ende 2005 verliess mich mein Smart und ich begann meine Arbeitswege mit dem Zug zu machen.
Ein ganz spezieller Zug. Ein Zug mit Namen, einer der nur jede zweite Stunde führ und damals mit *tadaa* einem Wägelchen mit Kaffee, Tee und Glarner Süsskram. Eines der Projekte zur Wiedereingliederung von Arbeitslosen, das nur schon deswegen unterstützungswürdig war. Selbstverständlich trug der Zug damals schon die Glarner Farben:
2008/2009 viele Aenderungen, das Wägelchen ging verloren, die Züge wurden modernisiert und mit einer oftmals ziemlich kaputten Klimaanlage ausgestattet, der Zug wurde eine Stunde verschoben und passte nicht mehr auf die Pendelbedürfnisse der meisten Mitreisenden und mir selbst. Fortan hiess es sich am Morgen in Ziegelbrücke in den Intercity zu quetschen und auf einen reservierten Sitzplatz auf der Treppe in den Doppelstockwagen zu hoffen. Bald verschwanden hier die Doppelstockwagen, letzten Dezember die Busanschlüsse. Dann und wann brachte mich der Sprinter nach Hause, wenn ich viel zu früh aus dem Büro kam oder viel zu lange unterwegs sein wollte.
In anderthalb Wochen ist der Sprinter Geschichte. Die Eröffnung des Bahnhofes Löwenstrasse wird Raum schaffen für eine stündliche Verbindung, die neu S25 heisst und ganz im Stil der Zürcher S-Bahn daherkommen wird. Vielleicht werden die Verbindungen besser - so genau wird sich das erst in der Praxis zeigen - der spezielle Zug, der mich vom Autofahrer zum Zugreisenden gemacht hat, wird es auf jeden Fall nicht mehr sein…