Trotz durchzogenem Wetter pilgere ich auch in diesem Silvester zu meinem Stammplatz am Panoramaweg mit dem Plan, etwas vom Neujahrsfeuerwerk einzufangen. Noch kurz vor Mitternacht ist die Sicht auf das Seebecken klar, dann kommt eine grosse Wolke und verdeckt das Spektakel vollständig. Irgendwie auch spannend, Feuerwerk mal nur zu hören und nicht zu sehen Genauso kommt mir auch 2016 vor: Alles noch in dicken Nebel gehüllt, auch wenn ich von einigen grosse Eckdaten darin schon weiss und sie bereits hören kann.
Mehr aus Jux als mit Plan richte ich die Kamera auf die Gruppen neben mir, die fleissig mit Raketen, Vulkanen und anderem Zeugs um sich wirft. So komme ich doch noch zu einem Feuerwerksbild
So wirklich nachvollziehen kann ich diesen Brauch allerdings nicht. In einen Laden zu gehen, (von chinesischen Kinderhänden?) fertig konfektioniertes Feuerwerk zu erwerben und dieses anzuzünden, ist für mich reichlich unverständlich. Hängt es mit dem Trieb in vielen Menschen zusammen, sich durch Verschwendung ihres Reichtums profilieren zu wollen? Ich bin da wohl falsch erzogen worden - zu sparsam und zu kreativ, um mit etwas nicht selbstgemachtem zu protzen.
Genauso Mühe haben die Spaziergänger 15 Stunden später an dem Ort. Während die Gruppe rechts von mir (von der das nette Feuerwerksbild stammt) ihren Müll zumindest in einen Papiersack verstaut und neben dem Mülleimer deponiert haben, hinterliess die Gruppe links von mir ein Schlachtfeld. Leere Energydrinkdosen, Wegwerfsektgläser, ausgebrannte Vulkane, Raketenstartplattformen und verbrannte Erde. Wohl auch das eine Eigenschaft vieler Menschen, einfach zu nehmen und liegenzulassen - ganz im Gegensatz zu der älteren Frau, die sich sicher 20 Minuten echauffierte, bin ich mir jedoch bewusst, dass das nicht „die heutigen Jungen“ sind. Schon unsere Uhrahnen haben fleissig gelittert, ihre Spuren auszubuddeln ist ein guter Job für unsere Archäologen.
In uns Menschen stecken viele Urtriebe, die uns in den paar 10'000 Jahren, in denen wir uns über die Erde verteilt haben, halfen. Nehmen, was da ist. Zurücklassen, was stört. Möglichst viel Eindruck schinden, um die Mädchen ins Bett zu kriegen. Klar, haben wir auch eine Portion Empathie in uns, schliesslich muss unser Rudel irgendwie überleben. Aber wie gross ist unser Rudel? Die paar Leute um uns herum? Unsere Stadt? Unsere Nation? Unsere Spezies? Die Ansichten unterscheiden sich hier wohl grundlegend.
Ganz im Gegensatz zu vielen Bekannten auf Facebook, gerade zum Jahreswechsel, bin ich überzeugt davon, dass wir es nicht schaffen werden, die diversen Herausforderungen anzupacken, die uns die Lebensweise der vergangenen Jahrhunderte beschert. Die extremen wirtschaftlichen Gefälle. Die Folgen von Kriegen, der Hass aufeinander, Neid. Das sich rasant verändernde Klima, welches uns eine Rekordhitze durch den Sommer und den Dezember beschert hat. Viren, Bakterien und Pilzchen mit Resistenzen gegen unsere aktuelle Medizin. Wir gehen geradewegs in die Scheisse. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass wir mit eben diesen selbstmörderischen Trieben in uns in der Lage sein werden, in der sich rasant und wohl nicht zum Guten wandelnden Welt zu überleben.