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Pimp

Anfangs Woche habe ich das „Negativ“ von einem spontanen Bild auseinandergenommen. Das Resultat ist farbmetrisch korrekt und enthält die beinahe 12 Blenden Kontrastumfang der Szenerie - in meinen Augen ein „perfektes“ Bild. Zugegeben, es ist nicht sonderlich relevant, ich wage schon fast belanglos zu sagen :-)

Ich höre sie schon, die Stimmen: Flau, schlabbrig und für die Tonne! Wir sind uns heutzutage nicht mehr gewohnt, Bilder zu sehen wie die Natur sich uns zeigt, sind erschlagen von der täglichen Flut von gepimpten Fotos. Na dann, machen wir halt mal die dunklen Stellen etwas heller, schrauben den Farbkontrast ein wenig höher und verschieben den Grundton ins Wärmere:

Lightroom und Photoshop gewohnte Fotografen würden sicherlich etwas anders schrauben, ich lasse es mal so stehen. Mir fehlt echt das Training :-/

Dafür schicke das Original mal durch Perfect Effects, das ich diesen Monat eben kostenlos bekommen (oder vielleicht eher mit Erdulden von wöchentlichem Spam erkauft) habe:

Der Dynamic Contrast ist gerade bei Landschaftsfotografen sehr beliebt. Ein halbes Dutzend Klicks und das Foto ist gut, kann auch auf den typischerweise schlecht eingestellten Monitoren der Betrachter etwas hergeben.

Ende der Fahnenstange? Nö. Sehr trendy ist zur Zeit - vor allem bei Hochzeitsfotografen - weiche pastellartige Farben und Vignette:

Ich habe lange gebraucht, bis ich begriffen habe, warum sie das machen. Mein erster Gedanke war die Kunden wollen das so - dann der Einfall, dass man damit ganz viel Postprocessing vermeidet. Statt Lichter und Schatten individuell zu korrigieren und Pickel zu retouchieren, was bei einer Hochzeit mit 1000 Bildern schon mal ein paar Stunden braucht, schlabbert der zeitbewusste Fotograf einen solchen Preset über all seine Shots. Fertig!

Auch sehr beliebt ist die andere Richtung - knallig bunt, schon fast ins Surreale. Auch wieder mit Vignette, schliesslich will der Fotograf den Blick seines Betrachters auf das Wesentliche richten. Das Wesentliche fehlt hier zwar, aber ich habe die Belanglosigkeit dieses Bilders ja schon erwähnt :-)

Auch hier lange Rätselraten nach dem Warum. Seit einer längeren Plauderei mit einem Farbmessprofi an der letzen Photokina weiss ich, dass Nikon lane Zeit ziemlich Mühe mit farbmetrisch korrekter Darstellung hatte. Erst die D800 liesse sich mit einem ICC Profil farbneutral einstellen. Die einfachste Lösung: Die intensiven Farben der Kamera noch etwas intensivieren, bis sie so bunt wie Kodak Gold Filme an einem Kindergeburtstag werden. Alles wird gut.

Zuletzt noch die Vintage Gemeinde, die den Lomo Stil verfolgt. Ein Klick und das Bild sieht so aus:

Ich mag Lomo, habe eine ihrer Plastiklinsen in meinem Sammelsurium. Und ich habe auch schon abgelaufene Filme benutzt, ziemlich genau mit obigen Resultat… Das Schöne daran, selbst ein lausiges Handyfoto kann so aufgepeppt werden. Der Erfolg von Instagram hat das bewiesen.

All diese Stile haben ihre Berechtigung und es liegt mir fern, sie zu kritisieren. Ganz nach meiner Filosofie, bei der Toleranz ein wichtiger Punkt ist, schätze ich die Arbeit Anderer - auch wenn der Stil nicht der Meinige ist. Coole Arbeit, gefällt mir überhaupt nicht sage ich mir in letzter Zeit ganz oft.

Was ist mein eigener Stil? Je mehr ich mich mit der Technik auseinandersetze, desto mehr Möglichkeiten sehe ich - desto mehr suche ich auch nach dem, was mir am ehesten zusagt. Ich kann mir erlauben, Dinge langsam anzugehen. Muss es auch, nebst dem Fotografieren ist die Computerei noch immer mein Hauptthema, das mich zu 120% auslastet… Zu Beginn liess ich die Kamera machen, relativ schnell stellte ich auf RAW um und korrigierte Fehlbelichtungen, holte manchmal etwas Lichter und Schatten. Vor einem Jahr wendete ich mich von den Adobe Farben ab und aktivierte standardmässig Geometriekorrekturen, seit anfang Monat benutze ich den Faithful Picture Style bzw. das Camera Faithful Profil in Lightroom. Etwas ISO abhängige Rauschreduktion und ein klitzekleines Bisschen Nachschärfen kommen hinzu. Meine Bilder sind bedeutend weniger „knackig“ (englisch „crispy“), kommen verhältnismässig weich und farbmässig korrekt daher und enthalten eine Unmenge an feiner Details. Mir gefällt dieser Stil, er erinnert mich an meine Fuji 400 Zeiten in der Hasselblad, ich bin manchmal furchtbar altmodisch. Und - das mag ich als fauler Mensch ganz besonders - ich muss nahezu keine manuellen Korrekturen vornehmen.

Ich bin schon einmal gespannt, wo mich die Reise weiter hinführt. Fürs erste habe ich genug am Computer gebastelt und spekuliere auf ein paar schöne Tage im Februar!

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