Vor bald einem Jahr verbrachte ich einen Tag mit Postprocessing einer standesamtlichen Hochzeit in München. Weissabgleich, Belichtungskorrektur und -angleichung von Serien, Shadow und Highlight Recovery, ein paar Bilder beschneiden und geradestellen (*peinlich*). Der heutzutage übliche Schnickschnack mit Pastell- und Retrolook ist nicht mein Stil und so liess ich das auch schön bleiben.
Zeit für ein kleines Rechenexperiment! Anderthalb Stunden Vorbereitung, 8 1/2 Stunden Shooting, 10 Stunden Postprocessing. 20 Stunden à (nehmen wir einen typischen Handwerkerstundensatz) 150.- macht runde 3000.- Ganz ordentlicher Batzen Geld.
Rechnen wir mal auf die andere Seite. Vielleicht 20 Hochzeiten dürften pro Jahr machbar sein, mit etwas Glück auch 25 (man will das ganze nervlich ja irgendwie überstehen). Ich bin (für Schweizer Verhältnisse) mal bescheiden und rechne ~45'000.- Jahreslohn, etwa 7500.- Abschreiber für Kameras, Linsen, Blitze, Notebook und Serverplatz, vielleicht 15'000.- für Werbung wie Hochzeitsmessen, Flyer und Internetauftritt. Dazu rechne ich noch 8% Mehrwutsteuer hinzu und komme auf einen Bruttoumsatz von 73'000.- bzw 3000.- pro Hochzeit. Spannend, beinahe dieselbe Summe.
Kommt noch ein Album hinzu (das machen die Brautleute selber *schweissabwisch*) gibt es gleich noch einmal so viel Arbeit und natürlich Prints und Album - die Italiener machen wundervolle Alben mit passendem Lederköfferchen, die Muster an der Photokina tragen jeweils faszinierend hohe Beträge. Aus Gesprächen mit Bekannten habe ich mitbekommen, dass ein Hochzeitstag mit Album für 3500.- zu haben ist - einerseits viel Geld für ein paar Bilder eines einzelnen Tages (der in ~50% der Fällen nicht der letzte „beste Tag des Lebens“ bleibt), andererseits aber auch ein gerechtfertigter Preis für die Arbeit dahinter.
Irgendwie bin ich froh, aus meinen Beiden Hobbies Ende der 80er das lukrativere zum Beruf gewählt zu haben und in der Computerei zu arbeiten. Fotografieren zum Job zu machen ist durchaus ein faszinierender Gedanke, ich erwische mich sporadisch dabei - der Stress dahinter, die Kundenaquise, die Arbeit, der Kampf mit Kunden, die alles besser wissen, das ständige Rechtfertigen der eigenen Kosten - das braucht ordentlich Masochismus, dem ich mich nicht ohne äusseren Druck aussetzen will.
Trenne die Darstellung vom Inhalt war die Devise um die Jahrtausendwende - Frameworks wie Zope oder WML, Content Management Systeme und Techniken wie CSS sollten uns dabei helfen. Dummerweise purzelten immer wieder neue Ideen herein, die Browser brachten tonnenweise Bugs Features, unsere mobilen Telefone und deren Internetverbindung haben in den vergangenen 15 Jahren mehrere tausend mal mehr Leistung bekommen. Heutzutage machen es sich die Webentwickler einfach, betrachten die Welt als eine Scheibe und offerieren den Benutzern ausschliesslilch eine auf Tablets designte Webseite.
Entsprechend freut es mich, aus purem Blödsinn eben genau diesen Wunsch über die letzten Jahre in dieser Galerie realisiert zu haben. Meine Basis ist DokuWiki, für die mobile Ansichten und den richtig Old School Gopher Auftritt werkelt ein grottenhässliches Perlscript im Hintergrund. Was ich schreibe kommt für jedes Gerät in passendem Auftritt, WURFL sorgt dafür, dass die Geräte eine passende Sicht bekommen:
Desktop Version, klassisches DokuWiki. Hier kann ich auch meine Bildchen hochladen und die Texte eintippen. | |
Mobile Version für aktuelle Telefone und Tabletts. Ich habe auf JQuery Mobile und PhotoSwipe gesetzt - beides mittlerweile praktisch tote Projekte. | |
Compact HTML Version. Ist dasjenige für japanische Handies (i-mode) und richtig kaputte Browser aus der Jahrtausendwende. Bilder von Himmel in 8 Bit GIF sind ein echt grottiges Erlebnis | |
WML Version für WAP fähige Browser. Hast Du noch ein altes Nokia? | |
Gopher - meine Galerie in 7-Bit-ASCII. Zugegebenerweise nur noch Spielerei |
War es gut, das zu tun? Definitiv! Ich hatte viel Spass, die Beschäftigung mit etwas, was ich am Schluss angucken kann, war jeweils eine gute Entspannung in Zeiten mit grossem Druck.
Würde ich es noch einmal tun? Definitiv nicht. Die Struktur meiner Besucher rechtfertigt in keiner Weise einen solchen Aufwand. Wer heute surft hat in 99% der Fällen einen HTML5 fähigen Browser und ein mobile fähiges DokuWiki Template dürfte alle mehr oder minder glücklich machen.
Aktuell ist überall etwas Baustelle und ich weiss nicht, ob meine Galerie im nächsten Frühling noch ein Zuhause hat. Weiterführen? Neubauen? Beerdigen? Bin gerade recht unschlüssig…
Abendhimmel über dem Bahnhof Nänikon-Greifensee. Das spätherbstliche Licht und das wundervolle Wetter der vergangenen Tage bieten eine so geile Sicht, dass ich meine Kamera aus dem Rucksack hervorkramen muss.
Einige Bilder aus der Streetparade waren Testobjekte für meine Migration. Ich fragte mich vor allem beim Titelbild, ob mir die Faithful Einstellung der Kamera und das darauf passende Profil in meinem Entwickler einen Streich spielen - Himmel ist doch üblicherweise blau und hat keinen Cyan Stich. Oder vielleicht spielen die „normalen“ Profile unserer Handies und Digiknipsen einen Streich, so wie sie uns blauen Schnee weiss einfärben?
Entsprechend guckte ich besonders genau den obigen Himmel an, in live und 3D. Und tatsächlich, vor allem über dem Horizont ist er mehr Cyan als Blau. Mache ich ein Foto mit dem Handy, dann ist er blau - verwende ich meine eigene Gewürzmischung, kommt er Cyan wie das Original
Die Münchner wollen - wie die Zürcher - eine zweite Doppelspur für ihre S-Bahn bauen. Bei uns heisst sie Durchmesserlinie und deckt eine alternative Route ab, in München zweite Stammstrecke und soll wie die bestehende von West nach Ost führen.
Warum sie dafür gleich den Bahnhof niederreissen und neu bauen wollen ist mir nicht ganz klar. Weil es die Stuttgarter auch tun? Oder weil in einer Zeit von Minuszinsen die Investition in Immobilien das einzig Lukrative ist? Oder weil sich einer der Direktoren wie in Berlin ein Denkmal setzen will? Immerhin fragt die Bahn nach Feedback aus der Bevölkerung und die scheint mir vom Bau aus Glas und Stahl noch nicht überzeugt zu sein. Zumal das undichte Hallendach über den Geleisen scheinbar stehenbleibt, nur das grosse Empfangsgebäude und der Starnberger Flügelbahnhof neu gebaut werden sollen. Interessanterweise bleibt auch der Platz für die beerdigten Projekte wie München 21 und eine Transrapidstrecke im Boden frei, stattdessen sollen vier Rolltreppen in 40m Tiefe führen.
Glücklicherweise bin ich in diese mehr oder minder demokratischen Prozesse nicht involviert und kann meine kindliche Freude am Modell vom Bahnhof im Bahnhof geniessen Vielleicht sollte ich auch bald einen Fotospaziergang im „alten“ Bahnhof andenken?
Von Spay nach München - der Fahrplan meinte, es wäre in fünf Stunden zu schaffen, letztendlich war ich deren acht unterwegs. Immerhin boten die langen Pausen unterwegs willkommene Möglichkeiten, ein paar lang angedachte Bilder einzupacken.
Ein Blick aus dem Zimmer des Hotels, in dem ich mich die letzten 10 Jahre am wohlsten gefühlt habe - der Löwe vor einem Wohnhaus an der „Bahnhofstrasse“ in Spay, der mich jeweils an Nala erinnerte - die kleine Kapelle auf dem Rastplatz hinter dem Bahnhof, Raum um nach etwas Schutz auf der langen Reise durch die Welt zu bitten - das Monsterloch im Bahnhof Stuttgart, für das die umstrittenen Bäume im Schlossgarten bereits gewichen sind und an dem praktisch niemand arbeitet - bis zu meinem „Penthouse“ im sechsten Stock des Hostels, welches einen unbezahlbaren Anblick auf die untergehende Sonne gewährt.
Ziemlich müde setze ich mich in Spay auf eine Bank am Rhein und blicke auf den herbstlich braunen Wald am Hang des Schiefergebirges, gerade scheint noch etwas Sonne, bevor diese hinter dem Berg im Rücken verschwindet.
Mir kommt als Titel für dieses Bild einzig Teletubby Land im Herbst in den Sinn. Vermutlich habe ich den Tag über einfach zu viel mit Windows gewerkelt