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Photoflohmarkt

Der alljährliche Photoflohmarkt zieht mich in die Postkartenidylle von Lichtensteig. Das Takumar vom letzten Jahr begleitet mich, einerseits für das Bild vom Tag, aber auch für ein paar Impressionen. Der alte Fotokrempel wird begleitet von einer unglaubliche Kakaphonie der unzähligen Drehorgeln, durchs malerische Dörfchen zieht der Geruch von Freiheit und Abenteuer Benzin und Oel.

Etwas Nahaufnahmezubehör ist der Gedanke in den Vortagen. Einen Balgen, eventuell ein Vari-Zwischenring? Das Universum hat wohl mitgehört und mich nicht wirklich verstanden (verständlich, ich denke nicht, dass Universen sich gross für Fotografie interessieren), so stolpere ich an einem gut assortierten Stand über ein Canon FD 4.0 100mm Makro. Erst genehmige ich mir eine Extrarunde zum Nachdenken: Der Nachfolger gilt als das schärfste EF Objektiv und ist bei den Portraitfotografen für die Abbildung von Poren, Häärchen und Falten verschrien, es könnte also eine richtig schicke Festbrennweite sein. Falls es das nicht ist, hätte ich sicher einen Platz bei den Vintage Linsen.

Die Linse sieht tadellos aus, Blende springt und ist nicht verölt, ich sehe weder Dellen noch Pilzchen. Wir werden handelseinig, mein Budget für den Tag reicht sogar noch für die traditionelle Bratwurst ;-)

Tram

Nach dem eher misslungenen Versuch mit der Dimension „Zeit“ wage ich einen zweiten Anlauf. Ich erinnere mich an das Stichwort Zielfilm, finde unter der offiziellen Bezeichnung Zielfoto bzw. Photo Finish die Beschreibung der Bilder, die ich früher an den Skirennen im Fernseher sah, wenn ich mit Grippe zuhause bleiben musste. Der Artikel Strip Photography gibt noch mehr Hintergrundwissen und einen hübschen Cable Car aus San Francisco.

Zürich hat keinen Cable Cars, dafür Trams. Ich entscheide mich, einen Film zu machen (meinen ersten mit der „neuen“ Kamera :-o ). Mit Slow Motion gib das 120 Bilder pro Sekunde, eventuell genug, um wirklich nur einen schmalen Streifen über die Zeit abzubilden? Ich mache die Rechnung ohne das sonntägliche Publikum an der Bahnhofstrasse, mehrfach laufen mir Passanten mitten durchs Bild. So auffällig, mit grosser Kamera, Stativ und Kilt, sollte ich sichtbar sein - ich hätte jedenfalls keine Skrupel, die Filmschnippsel samt Personen zu veröffentlichen ;-)

Tram 2000

Sänfte mit Pony

Klapperschlange Cobra

DDR Tram Flexity

Das Stitchen überlasse ich ffmpeg und imagemagick, sind doch weit über tausend Bilder pro Tramzug. Ich muss knapp 2.5% Breite der Bilder nehmen -, die Trams sind zu schnell, als dass eine einzelne Zeile für die ganze Länge reicht. Cable Cars wären langsamer, da reicht es wohl eher.

#!/bin/bash

set -x

for i in *.MP4; do
  m=$(basename $i .MP4)

  ffmpeg -i ${m}.MP4 IMG_%04d.bmp

  for i in IMG_*; do 
    j=$(basename $i .bmp)
    # 2160 x 4096 | 1080 half width
    convert $i -rotate 270 -crop 50x4096+1055 +repage ${j}_tmp.bmp
  done

  convert $(ls IMG_*_tmp.bmp | sort -r) \
    +append -compress LZW ${m}.tiff

  exiftool -tagsFromFile ${m}.MP4 ${m}.tiff

  rm -f *_original *.bmp
done

Perfekt sind die Bilder noch nicht, dafür sind „unsere“ Trams schlicht zu schnell unterwegs. Aber Spass hat es gemacht und - was wohl noch viel wichtiger ist - mich zweimalig aus meiner Höhle gelockt 8-)

Tram

In meiner Leseliste ist der Blog von Lensrentals, einem wunderbaren Sammelsurium von nerdigen Artikeln. Alleine schon die Geschichte der Fotografie ist überaus lesenswert. (Vorsicht! Suchtfaktor!) Neulich kam ein Artikel über Previsualisierung, der spannende Inputs lieferte - unter anderem ein zusammengeschnippeltes Foto einer New Yorker U-Bahn. Die horizontale Achse stellt nicht die Breite dar, sondern die Zeit.

Zürich hat keine U-Bahn, dafür Trams. Ich ziehe Abends los, stelle die Kamera auf das Stativ und lasse sie bei der Vorbeifahrt einiger Tramzüge rattern. Die Schnippelei in Photoshop ist eher übel, die Hintergrundstruktur gefällt mir definitiv nicht. Auch ist die Stadt seit der Stromsparkampagne vor einem Jahr merklich dunkler, ich muss die Strecke eher in die blaue Stunde schieben, will ich etwas von dem Tramzug sehen.

Takumar

Nach dem Sommer 2022 war mir klar, dass ich etwas tun muss. Die Idee war einfach, ein Bild pro Tag, wenigstens so lange ich Lust darauf habe. Um meinen Rücken Rucksack nicht noch mehr zu belasten, besorgte ich mir am Photoflohmarkt ein leichtes Weitwinkel.

Zu Beginn war das Konzept noch recht unausgegoren. Die Linse war gesetzt 1), ein Super Takumar 3.5/35mm. Sie hat mächtig Vignettierung und Randschärfenabfall - mir war schnell klar, dass ich das bewusst einsetzen möchte und blieb bei Offenblende. Bald merkte ich, dass ich nicht jeden Tag nach draussen mochte und zog für solche Tage den Joker mit einem Sujet aus meiner Stadtwohnung. Ich blieb bei meinem Stil, brachte keine Menschen auf das Bild 2).

Ein Jahr hielt ich durch, jeden Tag gab es ein Foto :-o 3).

Mich jeden Tag 5 bis 15 Minuten mit Fotografie auseinanderzusetzen hat mir gut getan. Aktuell nehme ich die Kamera vielleicht ein, zwei mal pro Monat hervor, um eine Bilderstrecke zu machen - mein Job hat sich fundamental geändert und ich bin nicht mehr unterwegs an mir unbekannte Orte. Das Bild vom Tag motivierte mich, jeweils eine Pause zu machen, mich mit etwas auseinanderzusetzen und die Gedanken an Kunden, Systeme und Probleme beiseitezulassen. Die Fotografie blieb mir trotz all dem Chaos und der eigenen Schlappheit präsent, ich (er)lebte täglich ein Stück meiner Leidenschaft.

Je näher das Ende des Jahres kam, desto mehr machte ich mir Gedanken zur Nachbearbeitung. Historisch würde der Kodachrome zur Linse passen, waren doch beide in den 60ern „zuhause“. Nur4) finde ich Kondachrome einfach nur scheusslich. Auf der Suche fand ich in einem den Look des National Geographic, quasi Kodachrome in der Druckaufbereitung. Kenne ich, passt, lagen doch ein paar solcher Hefte in meinem Elternhaus. Wie jeder Preset brauchte auch dieser noch etwas Nachbearbeitung, so finde ich synthetisches Korn ziemlich daneben.

Was tun mit den Bildern? Ich habe sie für mich gemacht, also sollen sie auch mir präsentiert werden ;-) Am Besten als täglich wechselnder Hintergrund auf meinem Mac. Was sich als gar nicht so einfach herausgestellt hat, gibt die API doch nur den aktuell in Spaces sichtbaren virtuellen Desktop frei. Soll ich jeden Morgen meine sechs virtuellen Desktops neu belegen? Wochenlang zermarterte ich mir den Kopf und fragte Google Löcher in den Bauch, bis ich an einem migränigen Samstagmorgen gleich 6(!) Möglichkeiten fand. Die hässlichste habe ich weiter verfolgt: Ich kopiere das Bild vom Tag an einen definierten Platz und kille das Dock, um das Hintergrundbild neu zu laden. Gut, es brauchte dann noch mehr Murks, ein sleep() verhaltet sich unterschiedlich, ob während dem Suspend des Macs das Netzteil eingesteckt ist oder nicht.

Und hier ist das Resultat 8-)

Sharing is caring heisst es ;-)

Kleine Warnung: WORKSFORME. Das Binary und DMG sind nicht signiert und brauchen einen Tanz rund um den Gatekeeper, die Bilder sind auf mein 16“ Retina Display zurechtgestutzt. Falls Du wahnsinnig genug bist, es zu versuchen, würde ich mich über einen kurzen Kommentar freuen! Und für alle anderen: Spricht mich an. Wenn ich meinen Computer mit dabei habe, zeige ich Dir gerne das Bild vom Tag!

1) Ein einzelnes Bild ist mit einer anderen, aber auch sehr Vintage, entstanden - Blende und Brennweite blieben dieselben
2) Auch hier eine einzige Ausnahme mit dem Tochterkind
3) Und die letzte Ausnahme, ein Tag versiebte ich am Computer und machte tags darauf zwei Bilder
4) Ich muss mich da outen, peinlich!

Vintage

Der Endspurt beginnt, die grosse Arbeitswelle vor Weihnachten prasselt auf mich ein, draussen begleiten mich die letzten warmen Tage.

Es ist der zwölfte Monat, in dem ich mit dem leichten Weitwinkel unterwegs bin. Zeit, das Projekt quasi abzuschliessen und etwas Neues zu starten. Weil - ohne Bild vom Tag würde mir etwas fehlen 8-)

Vintage

Zu Beginn stürmisch und nass, dann noch einmal so richtig heiss, inklusive Tropennächte. Der Sommer ist hartnäckig!

Nebst dem Bild vom Tag gibt es zwei längere Fotostrecken, ich porträtiere neue Mitarbeiter und mache eine ausgiebige Reportage über den Sommerevent meines Arbeitgebers. Meine Ausdauer hat sich gebessert, auch wenn sie noch nicht die 14-16 Stunden durchhält, wie ich mir das von früher gewohnt bin.


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