Das sterbende Blümchen am Dorfbrunnen von Obstalden war kein schlechtes Omen - meine ziemlich durchgeknallte Fahrt über Chur, die Albula, St. Moritz, die Maloja und Chiavenna nach Lugano war ein grossartiges Erlebnis. 8 Stunden Weg, jede Minute hat sich gelohnt! Ich lege mich im Belle Epoque Charme eine Stunde aufs Ohr, futtere etwas und mache trotz drohendem Gewitter einen Fotospaziergang. Ich bin nicht alleine, dutzende von Kameras, Telefone und Tablets säumen meinen Weg.
Vor dem Tor am See - ich kann mich nicht entscheiden, ob das jetzt Kunst, einen abgeschlossenen Anlegeplatz oder vielleicht ein Ort für Seebestattungen ist - sprechen mich noch zwei Mormonen an. Leider habe ich mich vor einiger Zeit intensiv mit ihrer Religion auseinandergesetzt, als ich eine später abgesagte Reise nach Salt Lake City plante. Irgendwann kommt das Gespräch auf meine Kamera, danach habe ich die beiden im Sack. Genauso das muslimische Pärchen im Hintergrund, die meinen Ausführungen lauschen und mich anschliessend fröhlich beim Fotografieren beobachten. Ich fühle mich mit keiner Kirche verbunden - meine Beschäftigung mit der Schönheit unserer Erde scheint jedoch ansteckend zu sein.
Zum Glück war ich etwas später unbeobachtet: Blümchen mit San Salvatore im Hintergrund funktioniert nur, wenn man am Boden liegt und die verrücktesten Verrenkungen anstellt Bevor die Tropfen kommen noch bei Maria Grazia vorbei - leider hat Herr Lugano das Grün gesperrt und ich trickse lange herum, bis der Bauschutt hinter ihren Beinen verschwindet. Das Mädchen ist ein schönes Beispiel der Imperfektion mancher Bronzefiguren: Etwas Bauch, Hintern, Haltungsschäden und einen grossartig unmotivierten Gesichtsausdruck.